Heinz Fischer: "Die SPÖ soll die Frage nach Koalitionen weiterhin offenlassen"
Wien-Lainz, Kardinal-König-Haus. In das Begegnungszentrum von Jesuiten und Caritas hat der Kulturverein Hietzing mit dem SPÖ-Abgeordneten Gerhard Schmid eingeladen. Entsprechend freundlich war die Stimmung für Heinz Fischer, aber auch Bürgerliche waren gern gekommen, wie Bezirksvorsteherin Silke Kobald (ÖVP).
KURIER-Herausgeber Helmut Brandstätter hatte die neue "KURIER um 4"-Ausgabe mitgebracht, der über Fischers Initiative mit Irmgard Griss für den Kandidaten Alexander Van der Bellen berichtete.
Warum engagiert sich Heinz Fischer gar so stark für den Grünen, der sich nun unabhängig nennt? "Ich bin deshalb für Van der Bellen, weil er für Stabilität sorgen wird", betont der Alt-Präsident. Und die sehe er bei Norbert Hofer nicht so gewährleistet. Aber helfen diese Testimonials von Prominenten überhaupt, wo doch Hofer gerade gegen das "Establishment" auftritt?
Ja, davon ist Heinz Fischer überzeugt. Menschen mit einer Lebensleistung seien durchaus ein Vorbild.
Erstaunlich offenherzig spricht Fischer über den neuen Kurs der Sozialdemokraten, Regierungsbündnisse mit der FPÖ jedenfalls zu prüfen. "Ich glaube, Bundeskanzler Christian Kern ist hier am richtigen Weg, die SPÖ soll die Frage nach Koalitionen weiterhin offen lassen." Bundeskanzler Kern habe seine volle Unterstützung, wenn er eine Koalition mit den Freiheitlichen nach der nächsten Nationalratswahl nicht ausschließe.
Aber er war doch stets ein Unterstützer der "Vranitzky-Doktrin" gewesen. Nie mit der FPÖ? "Zu Franz Vranitzkys Zeit war es richtig, eine Koalition mit der FPÖ auszuschließen, heute ist das anders", sagt der Alt-Bundespräsident. Um der Volkspartei den direkten Weg zu den Freiheitlichen abzuschneiden? Fischer widerspricht nicht.
Mündliche Geschichte
Heinz Fischer hat ja kürzlich ein Büchlein unter dem Titel "Eine Wortmeldung" herausgegeben. Dort argumentiert er nicht nur für Alexander Van der Bellen als nächsten Bundespräsidenten, sondern beschäftigt sich vor allem mit der Zukunft der Demokratie.
Ein demokratisches System sei nie vor Zerstörung sicher, so Fischer. "Es gibt leider nur mehr wenige Menschen, die von den Diktaturen, die sie erleiden mussten, erzählen können. Das wird uns fehlen. Die mündlichen Schilderungen waren wichtig, um diese Zeiten zu verstehen und davor zu warnen."
Von seinem aktiven Pensionistenleben erzählt der Alt-Bundespräsident, dass er ein "Kammerl" in der Hofburg hat, wo er Veranstaltungen wie "100 Jahre Republik" im Jahr 2018 vorbereitet.
Leben ohne Boulevard
Zu den Luxus-Aspekten seines Lebens gehöre es, dass "ich heute manche Zeitungen nicht mehr lese".
Gemeint war der Boulevard. Apropos, wie sieht er es, dass die Bundesregierung Zeitungen mit Inseraten bezahle, um sich dann vor ihnen zu fürchten? "Das sagen Sie, aber das ist wohl so."