Politik/Inland

Null Toleranz bei Genitalverstümmelung

Laut dem UNO-Kinderhilfswerk UNICEF leben weltweit rund 200 Millionen Frauen und Mädchen mit Genitalverstümmelung (Female Genital Mutilation, FGM). Das Europäische Institut für Geschlechtergerechtigkeit (EIGE) geht in Österreich von rund 8.000 betroffenen Frauen aus. Die heimische Politik hat den morgigen (Samstag) internationalen Tag gegen Genitalverstümmelung zum Anlass genommen, diese Praxis scharf zu kritisieren.

So forderte etwa Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) am Freitag in einer Aussendung, keine Toleranz zu zeigen und "diese Rituale ein für alle Mal zu unterbinden“. Keine Frau solle aufgrund von Tradition, Religion, Herkunft oder Kultur solche massiven Gewaltanwendungen erleiden müssen.

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Enttabuisierung

Auch ÖVP-Menschenrechtssprecherin Elisabeth Pfurtscheller äußerte sich und betonte, dass die "körperliche Unversehrtheit ein Menschenrecht" sei. "Erschreckend und bedenklich, dass diese grausamen Maßnahmen auch in Österreich illegal angewendet werden." Daher müsse man das Thema weiter enttabuisieren, betonte Pfurtscheller.

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Auch das Team Stronach verwies darauf, dass Genitalverstümmelung auch hierzulande stattfinden. Zu den 8.000 in Österreich betroffenen Frauen erklärte Frauensprecherin Martina Schenk: "Unvorstellbar, und die Dunkelziffer ist wahrscheinlich noch höher".

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Allianzen

Petra Bayr, SPÖ-Sprecherin für globale Entwicklung, forderte das Schmieden von Allianzen. "Immer mehr Menschen in den betroffenen Ländern verstehen, dass sie ihre Frauen, ihre Töchter gefährden", sagte Bayr bei einer Pressekonferenz am Donnerstag in Wien. "Darauf müssen wir aufbauen, weiterhin weltweit Partnerinnen im Kampf gegen FGM finden."

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Gesetzeslage

In Österreich ist die weibliche Beschneidung seit 2001 per Gesetz verboten. Der Artikel 90 im Strafgesetzbuch ist seit 2012 auch extraterritorial anwendbar, um die im Ausland stattgefundene Beschneidung von Mädchen und Frauen strafrechtlich zu verfolgen. Das bedeutet, Eltern können auch dann bestraft werden, wenn die Beschneidung der Tochter auf Heimaturlaub erfolgt.

Für in Gesundheitsberufen Beschäftigte in Österreich ist laut EIGE eine Meldung an die Behörden gesetzlich vorgeschrieben, wenn der Verdacht auf Genitalverstümmelung besteht. Das Nicht-Melden zog bisher allerdings keine strafrechtlichen Folgen nach sich.

Spezialambulanz in Rudolfstiftung

Seit 2009 gibt es in der Rudolfstiftung in Wien eine Spezialambulanz für betroffene Frauen. Diese Einrichtung ist in Österreich derzeit noch einmalig. Bei den durchgeführten operativen Eingriffen handelt es sich ausschließlich um medizinisch indizierte plastische rekonstruktive Operationen. Es finden keine ästhetisch-plastischen Operationen statt. „Auf ein ästhetisches Ergebnis im Sinne der Patientin wird jedoch großer Wert gelegt“, heißt es vom Wiener Krankenanstaltenverbund.

Grausame Praxis

Bei der Genitalverstümmelung werden die Mädchen oft mit schmutzigen Klingen behandelt. Bei der extremen Form wird das gesamte äußere Genital entfernt und die Wunde wird bis auf ein kleines Loch zusammengenäht.

Einige Mädchen sterben dabei, viele erleiden schwere körperliche und psychische Schäden. Betroffen sind vor allem Mädchen in meist muslimischen Ländern West- und Nordostafrikas, wo die Beschneidung sie auf ihre Rolle als Frau und Mutter vorbereiten soll. So lebt die Hälfte der Betroffenen dem UNO-Kinderhilfswerk UNICEF zufolge in Ägypten, Äthiopien und Indonesien, doch würden die höchsten Raten in Somalia, Guinea und Dschibuti verzeichnet, teilte die Organisation in einem neuen Bericht mit, der am Freitag veröffentlicht wurde.

Das Netzwerk Inter African Committee hat den Aktionstag gegen Genitalverstümmelung 2003 initiiert.