Politik/Inland

"Hätten sozialpolitisch mit der FPÖ mehr Berührungspunkte als mit der ÖVP"

Bernhard Auinger (43) stellt sich am 26. November für die Salzburger SPÖ der Bürgermeister-Wahl. Er soll das Amt nach dem Rücktritt von Heinz Schaden verteidigen. Auinger sagt im Interview, er wolle nach der Verurteilung Schadens im Swap-Prozess seine Mandatare rechtlich absichern. Kritik übt er an der Wiener SPÖ – der Richtungsstreit sei "parteischädigend".

KURIER: Wie sehr schadet die Verurteilung von Bürgermeister Heinz Schaden der SPÖ?

Bernhard Auinger: Natürlich versucht man jetzt, den ganzen Finanzskandal auch auf die Stadt zu übertragen. Es hat eine aktuelle Umfrage gegeben, wo die SPÖ zwar leicht verliert in der Stadt, aber durchaus stabil ist. Das halte ich unter diesen Bedingungen für einen extrem guten Wert.

Ist das Urteil zu hart?

Da ich kein Jurist bin, steht es mir nicht zu, das zu beurteilen. Aber die Mehrheit der Juristen behauptet, und das sind keine SPÖler, dass das Urteil zu hart, und vor allem auch die Verurteilung von Martin Floss (Magistratsdirektor, Anm.) fast ein Skandal ist. Das kann man ruhig so sagen.

Warum ist das ein Skandal?

Weil damit ein jeder Mitarbeiter in einem politischen Büro die Anweisungen seines Vorgesetzten eigentlich nicht befolgen darf oder es vorher zehnmal prüfen muss, wenn das dann zu einer Verurteilung führt. In Wahrheit hätte er, wenn er gewisse eMails nicht weitergeleitet hätte, ein Disziplinarverfahren am Hals gehabt. Das Urteil, was den Martin Floss betrifft, ist für mich völlig absurd.

Geht die Stadt-SPÖ davon aus, dass die Justiz ein Exempel statuieren wollte?

Wenn man schaut, wie das jetzt weitergeht, wie das alles auch extrem medial gepusht wird, dann kann man durchaus mittlerweile schon von einer Hexenjagd gegen Heinz Schaden sprechen, ja.

Gegen Heinz Schaden laufen weitere Ermittlungen wegen der Rechtsanwaltskosten, die die Stadt vorläufig übernommen hat. Finden Sie es fair, dass dem Politiker deswegen Untreue vorgeworfen wird, den Beamten jedoch nicht?

Es gibt von einem führenden Arbeitsrechtler ein Gutachten, dass auch für den Bürgermeister die Rechtskosten von der Stadt übernommen werden können. Nach diesem Gutachten wurde ein Beschluss im Stadtsenat gefasst. Ich finde den Untreue-Vorwurf der Staatsanwaltschaft nicht fair. Auch wenn der Bürgermeister kein Beamter an sich ist, ist er der oberste Vertreter der Stadt. Er ist der Chef von 3000 Bediensteten. Jedes Unternehmen mit einem Manager hat eine Rechtsschutz-, eine Berufshaftpflichtversicherung. Wir überlegen mittlerweile in der Stadt-Partei, für unsere Mandatare so etwas abzuschließen. Wir sind da schon relativ weit.

Der Bürgermeister geht erst am 20. September. Was rechtfertigt es, dass er noch bis dahin im Amt bleibt? Für eine geordnete Übergabe sollten auch weniger als acht Wochen reichen.

Wir haben aktuell sitzungsfreie Zeit und Urlaubszeit. Die halbe Mannschaft ist gerade nicht da. Ich komme ja aus einem großen Konzern (Auinger ist Betriebsrat-Vorsitzender bei der Porsche Holding, Anm.). Wenn bei uns ein Manager geht, gibt es eine Übergangszeit von mindestens zwei Monaten, in der er seine Agenden an den Nachfolger übergibt. Kein Manager sperrt die Tür zu und verlässt von heute auf morgen das Unternehmen. So muss man es auch beim Bürgermeister sehen. Er muss Unterlagen und Informationen weitergeben. Ein Weglaufen hätte ich unverantwortlich von ihm gefunden.

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Angesichts der Ereignisse rund um den Swap-Prozess: Wie erstrebenswert ist es noch, Bürgermeister der Stadt zu werden?

Die Frage hat mir auch meine Familie schon sehr oft gestellt. Ich habe ich mich dafür entschieden, weil ich glaube, dass es eine Veränderung in der Stadt braucht. Über juristische Risiken mache ich mir jetzt sicher mehr Gedanken. Es kann aber nicht sein, dass künftig Gerichte politische Entscheidungen treffen. Das muss man diskutieren, weil ich glaube, auch die anderen Bürgermeister werden nervös aufgrund des Urteils.

Wie wollen Sie den Bürgermeister-Sessel verteidigen?

Mein Motto ist, Salzburg zu modernisieren. Bei den Seniorenheimen haben wir schon begonnen. Wenn ich Bürgermeister werde, sind als nächstes unsere Pflichtschulen dran, die wir an die neuen pädagogischen Konzepte anpassen wollen. Überschlagsmäßig wird das 150 bis 200 Millionen Euro kosten. Ich will die Verwaltung modernisieren, weil wir schnellere Entscheidungsprozesse brauchen. Das heißt, dass auch Investoren schneller Genehmigungen bekommen. Und ich will in der Verkehrspolitik etwas verändern. Staus sollen in der Stadt Ausnahmeerscheinungen werden, weil wir es geschafft haben, den Verkehr zu reduzieren. Ein Ziel von mir wäre, Elektromobilitäts-Hauptstadt in Österreich zu werden.

In der SPÖ tobt ein Richtungsstreit – ordnen Sie sich dem linken oder dem rechten Flügel in der Partei zu?

Ich kann dieses links, rechts, Mitte ehrlichgesagt bald gar nicht mehr hören, weil das ist dem durchschnittlichen Österreich sowas von egal. Der will Lösungen für seine Probleme haben. Ich weiß, dass es diesen Richtungsstreit speziell in der Wiener SPÖ ganz stark gibt. Ich halte das für sehr gefährlich und parteischädigend, was da einige machen. Weil das Leben ist nicht immer so, wie es sich manche im sogenannten linken Flügel vorstellen, die in geschützten Bereichen wohnen und diese Probleme nicht haben. Die sind manchmal ein bisschen blind auf ihrem linken Auge. Ich habe auch keine Angst, dass die SPÖ Richtung rechts geht. Wenn heute der Doskozil Dinge anspricht, die er als oberster Polizist im Burgenland an der Grenze erlebt hat, dann hat er diese Erfahrungen einfach gemacht im Vergleich zu vielen, die in ihrem schönen Stübchen sitzen. Mir ist es auch so gegangen, dass ich zum Teil angegriffen worden bin, nur weil ich die Probleme am Bahnhof angesprochen habe, nachdem ich mich mit zig Polizisten unterhalten habe, was die tagtäglich dort erleben. Das muss schon erlaubt sein, das auch als Sozialdemokrat ganz klar anzusprechen. Das erwarten die Wähler auch von uns.

Wie es in den Umfragen zur Nationalratswahl derzeit aussieht, ist für die SPÖ – abgesehen von einer Neuauflage von Rot-Schwarz – eine Koalition mit der FPÖ die einzige Möglichkeit, weiter zu regieren. Wie stehen Sie dazu?

Ich habe fast 2000 Mitarbeiter an dem Standort, an dem ich Betriebsrat bin. Da gibt es Freiheitliche, Grüne, ÖVPler, SPÖler und Nichtwähler. Die arbeiten Büro an Büro miteinander. Warum soll das der Politiker nicht können, solange das eine Partei ist, die sich an die Grundsätze der Verfassung hält? Ich wüsste nicht, warum man jemanden von vornherein ausschließen sollte. Ob ich dann thematisch zusammenkomme in einer Koalitionsverhandlung, das steht auf einem anderen Papier. Natürlich gibt es bei den Freiheitlichen schwierige Persönlichkeiten. Aber die gibt es bei der ÖVP auch. Sozialpolitisch hätten wir mit den Freiheitlichen sicher mehr Berührungspunkte. Bei anderen natürlich nicht. Da wäre ich sehr offen. Ich bin es seit zwölf Jahren als Gemeinderat in der Stadt gewohnt, dass wir mit allen reden.

In den Prognosen liegt die Kurz-ÖVP weit vorne. Kann Kanzler Kern noch eine Trendwende schaffen?

Ich glaube, dass im direkten Duell, wenn es um die sachpolitischen Themen geht, die für Österreich wichtig sind, der Christian Kern sehr wohl punkten kann und der Kurz sehr ins schwimmen kommen wird. Weil man hört von ihm nur etwas zum Thema Zuwanderung. Damit gräbt er beim HC Strache Wähler ab, der wahrscheinlich schon mittlerweile sehr nervös werden wird. Ich befürchte, dass der Wahlkampf sehr schmutzig werden wird, was das Thema Ausländer betrifft. Ich würde jetzt den Umfragen nicht zu viel Gewicht geben. Die dienen sicher auch dazu, die SPÖ-Funktionäre zu demotivieren. Aber abgerechnet wird immer an der Ziellinie.

Der Gesamtschaden aus dem Finanzskandal betrug zunächst 532,3 Millionen Euro. Darunter fallen rund 350 Millionen aus diversen Spekulationsgeschäften, 130 Millionen aus Steuernachzahlungen, 26,2 Millionen aus einem Kursverlust durch einen Schweizer-Franken-Kredit bei der Messegesellschaft Salzburg und zwölf Millionen für falsche Abrechnungen im Katastrophenfonds. Hinzu kommen Ausgaben für die Aufräum-Hilfen: 8,4 Millionen Euro gingen an die Spezial-firma Inthuba für den Abbau des Spekulationsportfolios, weitere 5,7 Millionen gingen an Anwälte, Wirtschaftsexperten und Gutachter.

Auf der Einnahmenseite erzielte das Land 117 Millionen Euro in Vergleichsverhandlungen mit 16 in den Skandal involvierten Banken. Der Gesamtschaden der Affäre wurde damit auf 415 Millionen Euro reduziert.

Das Spekulationsportfolio ist zu 99 Prozent abgebaut. Einige der verbliebenen Geschäfte, eine Handvoll „giftiger“ Wertpapiere, würden in den kommenden Jahren auslaufen.

Seinen aktuellen Schuldenstand beziffert das Land mit 1,85 Milliarden Euro.