Gute Zeiten, schlechte Zeiten
Von Maria Kern
Ein Bergmassiv, viel blauer Himmel, ein Heißluftballon. Die Botschaft neben dem adretten Landschaftsbild lautet: „Österreich gehört den Optimisten.“
Was auf den ersten Blick wie eine Tourismuswerbung wirkt, sind die ersten Wahlplakate der ÖVP, die am Dienstag enthüllt worden sind. Spitzenkandidat Michael Spindelegger sucht man vergeblich. Nur das Partei-Logo ist zu sehen. Der ÖVP-Chef soll später plakativ vermarktet werden.
Wie kommt all das an? Wo stehen die Kontrahenten um Platz eins im gerade anlaufenden Intensiv-Wahlkampf?
Rückenwind
Rot und Schwarz scheinen die Rollen getauscht zu haben. Während das erste Halbjahr für die ÖVP gut lief, hat nun die SPÖ Oberwasser.
Dabei hat das Jahr für die Volkspartei so gut begonnen: Sie gewann die Wehrpflicht-Volksbefragung, bei den Landtagswahlen in Niederösterreich und Tirol schnitt die Partei souverän ab – und in Salzburg eroberte sie trotz Verlusten den Landeshauptmann-Sessel zurück. „2013 wird das Jahr der ÖVP“, gab Spindelegger immer wieder als Devise aus. „Doch der Rückenwind aus dem ersten Halbjahr ist abgeebbt“, analysiert Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer.
Die ÖVP behindere sich im Wahlkampf großteils selbst. Beim Lehrerdienstrecht sei der Eindruck entstanden, die Christgewerkschafter würden die eigene Partei in Geiselhaft nehmen. Das konterkariere den Leistungsanspruch, den die ÖVP sonst stelle. Die Debatte um die vorzeitige Anhebung des Frauenpensionsalters (Spindelegger befeuerte sie gestern erneut) „war eine Steilvorlage für die SPÖ“. Und die Differenzen zwischen Finanzministerin Fekter und Wirtschaftsminister Mitterlehner um die Frage, wie es um die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs bestellt ist, seien für die ÖVP auch nicht hilfreich gewesen.
Die SPÖ hingegen habe es geschafft, „das Manko aus dem ersten Halbjahr wettzumachen“, befindet der Wahlkampf-Beobachter. Zur Erinnerung: Die SPÖ verlor die Wehrpflicht-Befragung, schnitt bei den Landtagswahlen mit Ausnahme von Kärnten schlecht ab. „Aber die SPÖ ist bekannt dafür, auf Bundesebene eine gute Wahlkampf-Partei zu sein. In den vergangenen 15 Jahren waren ihre Wahlkämpfe mit Ausnahme 2002 besser als jene der ÖVP“, sagt der Experte.
Der Umschwung sei der SPÖ gelungen, als Norbert Darabos vom Verteidigungsressort in die Parteizentrale gewechselt ist – und Gerald Klug Heeresminister wurde. Darabos ist bei den Genossen als Wahlkampf-Manager anerkannt. Klug macht bisher eine passable Figur als Minister.
Faymann-Coup
Zuletzt hat Faymann mit seinem Tête-à-Tête mit ÖVP-Landeshauptmann Erwin Pröll in Grinzing einen „Coup gelandet“ (siehe auch „Politik von Innen“ unten) – eine Brüskierung für Michael Spindelegger. „Das war eine Demonstration der Macht“, meint Bachmayer.
Noch sind es freilich eineinhalb Monate bis zur Nationalratswahl. Die Wahlkampf-Maschinerie der anderen Parteien läuft erst so richtig an. Auch die TV-Konfrontationen können entscheidend sein. Die Roten wissen: „Es kann noch viel passieren.“ Und: „Die ÖVP könnte mehr aus sich machen“, sagt Bachmayer. 46 Tage hat sie noch Gelegenheit dazu.