Politik/Inland

Grundwehrdienst: Mehr Geld und mehr schießen

Der Verteidigungsminister nahm sich zurück und das war irgendwie überraschend: Am Donnerstag präsentierte Gerald Klug die Ergebnisse einer Umfrage unter 10.000 Rekruten, oder genauer: Er ließ sie präsentieren. Denn anstatt selbst zu verkünden, wo die „Burschen der Schuh drückt“ (Klug), ließ der Ressortchef einem Soldaten den Vortritt. Und so durfte Rekrut David Spiegl, der im November bei der ersten Gardekompanie einrückte, berichten, was Betroffene am Grundwehrdienst alles ändern würden.

„Das größte Problem“, sagte Spiegl, „ist die Bezahlung.“ Tatsächlich wünschen sich 24 von 100 Rekruten einen höheren Sold (rund 300 Euro im Monat) bzw. leistungsorientierte Prämien. Ein Wunsch, den Klug versteht, allein: Er kann sich derlei nicht leisten. „Es wäre einfach für mich zu sagen: Wir wollen jedem Rekruten 100 Euro mehr geben. Aber diese Maßnahme würde das Heeresbudget mit 13,2 Millionen Euro belasten und da wir das Geld nicht haben, unterlasse ich es, derartig populistische Forderungen zu erheben“, sagte der Minister.

Immerhin 17 Prozent der Grundwehrdiener haben Vorschläge zum Thema „Dienstbetrieb“ gemacht.
Am häufigsten wurde hier die Forderung artikuliert, den Chargendienst (interner Wachdienst) aufzulassen und für „bessere“ Dienstzeiten zu sorgen; der raue Umgangston ist im Vergleich dazu ein eher geringes Problem.

Überraschend ist das drittwichtigste Anliegen – eine „bessere Ausbildung“. Dazu gehören laut Klug mehr Übungen am Schießstand, eine intensivere Ausbildung im „militärischen Kerngeschäft“ und die Möglichkeit, in andere Waffengattungen „hineinzuschnuppern“.

Desolate Toiletten

Erheblichen Reformbedarf orten die Rekruten zudem beim Thema Sport (kaum Abwechslung zum Lauftraining, wenige Wettbewerbe) sowie bei der Infrastruktur. „Wir haben Kasernen, in denen die Toiletten und Duschanlagen de facto gesundheitsgefährdend sind“, sagt Rekrut Spiegl.

Zumindest hier stellt der Minister baldige Besserungen in Aussicht: Das Budget für die Sanierung von baufälligen Unterkünften wird von jährlich 65 auf mehr als 100 Millionen Euro aufgestockt.

Der Plan, wie er den Grundwehrdienst reformieren will, möchte Klug spätestens Ende Juni präsentieren.

Im Fahrwasser der Bundesheerreform soll auch der Zivildienst attraktiver gestaltet werden. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) erklärten am Donnerstag bei der Präsentation der Reform, sie hätten „die Ärmel aufgekrempelt“ – und eine „Win-win-Situation“ für Trägerorganisationen und Zivildiener erreicht. Die Reformen sind:

Die erworbene Ausbildung wird anerkannt und in Form einer „Kompetenzbilanz“ dokumentiert.

Zivildiener sollen nach ihren Fähigkeiten eingesetzt werden. Bisher konnten etwa ausgebildete Ärzte nur als Pflegehelfer tätig sein.

Die Zuteilung der „Zivis“ an die Trägerorganisationen soll flexibler werden.

Arbeit in Form des „Freiwilligen Sozialjahres“ wird auch bei den Rettungsdiensten ermöglicht.

Das Angebot für Ausbildungen wird ausgebaut, auch bei den Rettungsdiensten.

Der Bund unterstützt dafür die Organisationen finanziell mit einem Ausbildungsbeitrag (maximal 70 Prozent der Ausbildungskosten, gedeckelt mit 1700 Euro).

Von Seiten der Rettungsorganisationen gab es für die Reform viel Lob. Dennoch hoffen einige auf weitere Verbesserungen: Die Lebenshilfe wünscht sich bessere finanzielle Unterstützung, die Caritas bittet für die Bildungsarbeit im „Freiwilligen Sozialjahr“ ebenfalls um einen Ausbildungsbeitrag. Die Grünen wollen den Zivildienst verkürzen und ihn besser bezahlt wissen.

Hauptsächlich positive Resonanz gab es auf die angekündigten Maßnahmen. Für viele Trägerorganisationen gewinnt der Zivildienst eindeutig an Attraktivität, doch würden sie sich über weitergehende Schritte freuen. Auch die Grünen zeigten sich über Teile der Novelle zufrieden.

Die Lebenshilfe begrüßt die Änderungen, wünscht sich lediglich noch eine bessere finanzielle Unterstützung des Freiwilligen sozialen Jahres seitens des Bundes. Die Finanzierung von optionalen Ausbildungen bis zu 70 Prozent, der qualifizierte Einsatz von Zivildienern und die Kompetenzbilanzen seien "sehr positive Weiterentwicklungen", hieß es in einer Aussendung.

"Viel gelungen", ist auch aus Sicht der Caritas, für ein Gesamtpaket fehle es aber noch an wichtigen Maßnahmen. Für die Bildungsarbeit im Freiwilligen sozialen Jahr müsse es etwa ebenso einen Ausbildungsbeitrag der öffentlichen Hand geben. Es sei "absolut nicht in Ordnung", dass die Republik für jene Männer, die ihren Zivildienst im Sozialjahr ableisten, keine Förderung analog zum Zivildienst vorsieht, kritisierte Caritas-Präsident Franz Küberl.

Die Anrechnung des Freiwilligen sozialen Jahres wertet die Diakonie als "große Bereicherung" und "guten Anreiz". Die Diakonie pocht ebenfalls auf bessere Bedingungen, unter denen das Sozialjahr geleistet wird.

Die Volkshilfe zeigte sich erfreut über einen "tragfähigen Kompromiss". Begrüßt wird auch, dass der Zivildienst nicht für Frauen geöffnet wurde, denn dies würde Lohn- und Sozialdumping bedeuten. Weiterhin fordert die Volkshilfe eine zeitliche Gleichstellung des Zivildienstes mit dem Grundwehrdienst.

Das Hilfswerk reagierte ebenfalls positiv auf die Neuerungen und hob die Förderung der Ausbildung, die bessere Berücksichtigung der Qualifikationen und die Anrechenbarkeit von freiwilligem Engagement hervor.

Auch vom Roten Kreuz kommt Lob. "Bereits jetzt haben wir schon viele Frauen unter den Freiwilligen im Rettungsdienst. Dieses Engagement weiter zu fördern, halte ich für einen wichtigen und richtigen Schritt", erklärte Generalsekretär Werner Kerschbaum. Die Details wie Kosten müsse man sich allerdings noch ansehen, meinte er.

Der Verein zur Förderung freiwilliger sozialer Dienste sieht in der Reform einen "tollen Fortschritt", es gebe aber noch Lücken zu schließen. Demnach soll es auch beim Freiwilligen Sozialjahr einen Ausbildungsbeitrag der öffentlichen Hand geben.

Die Grünen pochen weiterhin auf eine Verkürzung des Zivildienstes auf sechs Monate, eine höhere Grundvergütung auf Mindestsicherungsniveau und eine Angleichung an die Normalarbeitszeit. Positiv bewertet wird der neue Ausbildungscharakter und die Anrechenbarkeit des Freiwilligen Sozialjahres als Zivildienst.