Politik/Inland

Van der Bellen: "Ich werde eher Evas Sekretär"

Eva Glawischnig und Alexander Van der Bellen sprechen im KURIER-Interview über Liebes-Avancen aus den Bundesländern, ÖVP-Kritik und die Wahlpleite in Deutschland.

KURIER: Innen- und Finanzministerin warnen vor einer grünen Regierungsbeteiligung. Es würden neue Steuern und Bevormundung in Bildungsfragen drohen. Was sagen Sie dazu?

Alexander Van der Bellen: Die ÖVP möge spätestens nach dem Wahltag mit dem Lügen aufhören. Ihre Plakate gegen Rot-Grün sind schlicht gelogen.

Eva Glawischnig: Wir wollen z. B. niemanden zwingen, dass er sein einjähriges Kind in den Kindergarten gibt. Wir wollen einen Anspruch auf einen Platz. Das ist ganz etwas anderes.

Ist der Ton im Wahlkampf rauer geworden?

Glawischnig: Michael Spindelegger hat mir im Sommer versprochen, auf Negativkampagnen wie unter Schüssel zu verzichten. Er hat sein Wort gebrochen. Obwohl wir in Bundesländern wie Oberösterreich seit Jahren erfolgreich zusammenarbeiten ...

Auch Salzburgs VP-Landeshauptmann plädiert nun für eine schwarz-grüne Regierung im Bund. Ist das für Sie vorstellbar?

Glawischnig: Vorstellbar ist vieles. In den Ländern ist viel passiert, weil die ÖVP von Ideologien abgegangen ist. Grundvoraussetzung ist mehr Transparenz bei der ÖVP.

Viel Schelte gibt es von der ÖVP für die grüne Verkehrspolitik in Wien mit Parkpickerl und Mariahilfer Straße. Schmälert das die Wahlchancen in Wien?

Van der Bellen: Sicher nicht. Ich bin direkter Anrainer. Nach ersten Anlaufschwierigkeiten bessert sich die Situation von Tag zu Tag.

Glawischnig: SPÖ und ÖVP haben für enormes Chaos gesorgt, etwa bei der Gemeindezusammenlegung in der Steiermark ...

VP-Kritik gibt es auch immer wieder an der intransparenten Inseratenvergabe der Stadt Wien...

Glawischnig:Man kann den Koalitionspartner nicht in allem verändern. Aber wir machen es anders.

Herr Van der Bellen, in einer Umfrage sagten 42 Prozent, dass Sie der Innenpolitik in einer Spitzenposition guttun würden. Lust auf eine Rückkehr?

Van der Bellen: Da gilt wohl das Motto: Jeder tote Indianer ist ein guter Indianer. Mich freut das, aber ich werde nicht Minister. Ich werde eher der Sekretär von Eva Glawischnig.

Frau Glawischnig, was wollen Sie bei einer Regierungsbeteiligung als Erstes umsetzen?

Glawischnig: Wir wollen rasch für leistbare Öffis sorgen, etwa mit dem 365 Euro-Jahresticket für jedes Bundesland. Wir wollen auch Leben wieder leistbarer machen. Und ich will ein großes Bienenhotel auf dem Landwirtschaftsministerium.

In Deutschland haben die Grünen kräftige Verluste eingefahren. Droht das auch bei uns?

Glawischnig: Nein. Die deutschen Grünen haben einige Fehler gemacht, etwa sich auf Gedeih und Verderb an die SPD gekettet.

„Wir haben uns ein Vorschreiber-Image erworben“, sagt ein deutscher Grüner. Werden die Grünen zur Verbotspartei?

Glawischnig: Im Gegenteil: Zwang und Verbote sehe ich derzeit vor allem in der Schule. Was Bildungspolitik betrifft, ist die ÖVP die Verbotspartei.

Der Linkskurs habe Wähler vergrault, sagt Joschka Fischer. Sind auch Österreichs Grüne zu links?

Van der Bellen: Sicher nicht. Wir sind gesellschaftspolitisch liberal und fahren ökonomisch einen pragmatischen Kurs.

Zuerst wird gewählt, dann gezählt.“ Das ist die Standard-Antwort Schwarzer auf die Frage nach der Koalitionspräferenz. Umso erstaunlicher ist das Outing von Salzburgs VP-Landeshauptmann Wilfried Haslauer: Er möchte eine schwarz-grüne Regierung im Bund. Seine Partei solle den Mumm haben, sich mit Eva Glawischnigs Truppe zusammenzutun: „Die große Koalition hat sich überlebt.“

Parteichef Michael Spindelegger ist zwar „vom Prinzip her für alle Varianten offen“. „Die Westgrünen“ seien aber anders als die „Ostgrünen“, also jene in Wien und Bund. „Diese wollen Kaugummiautomaten verbieten, gleichzeitig Drogen legalisieren. Das kann nicht das Programm sein“, befindet VP-Generalsekretär Hannes Rauch im KURIER-Gespräch. Im Übrigen sei er „Realist. Schwarz-Grün im Bund wird sich höchstwahrscheinlich nicht ausgehen.“ Tatsächlich sind die beiden Parteien laut der jüngsten OGM-Umfrage für den KURIER von einer Regierungsmehrheit weit entfernt. Auf lediglich 36 Prozent bringen sie es gemeinsam (ÖVP: 22 %, Grüne: 14 %).

Und so sagt Haslauer: Mangle es Schwarzen und Grünen an Mandaten, „muss man eine kleinere Partei dazunehmen“. Welche hätte er gern? „Das, was wir in Salzburg haben – ÖVP, Grüne, ,Team Stronach‘ – wäre eine denkbare Variante“, heißt es in Haslauers Büro. Von einem Dreierbund hält Rauch freilich nichts: „Eine Stimme für eine Kleinpartei ist eine Stimme gegen Stabilität. Das Land muss regierbar bleiben.“ So begründet auch Oberösterreichs VP-Geschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer seine Skepsis in Sachen Dreier. Welcher Zweier sollte es sein? „In Oberösterreich funktioniert Schwarz-Grün gut. Im Bund wäre das ebenfalls ein spannendes Projekt.“ Voraussetzung dafür wäre jedoch: „Keine Freigabe von Drogen, kein generelles Tempo 80.“ Wobei auch er weiß, dass das theoretische Spielchen sind: „Wer von einer Mehrheit von ÖVP und Grünen ausgeht, ist Optimist.“