Politik/Inland

Große Bedenken vor Start der Zentralmatura

Am Montag startet der letzte Testlauf für die Zentralmatura: In 90 Prozent der AHS treten die Schüler in mindestens einem der Fächer Deutsch, Englisch oder Mathe zur neuen Reifeprüfung an. 2015 wird es für alle Maturanten der AHS, 2016 für die der BHS ernst. Dann sind alle schriftlichen Prüfungen zentral.

Eine Neuerung, die vielen Schülern Sorge bereitet, wie Bundesschulsprecherin Angi Groß weiß: "Besonders unwohl ist uns in Mathe. Lehrer und Schüler fühlen sich nicht ausreichend vorbereitet. Und das Bewertungsschema ist noch nicht optimal."

Nicht optimal. Das kann man auch über die geplante Zentralmatura sagen. Denn dass die Maturanote fast nur von einer einzigen zentralen Prüfung abhängt, ist in kaum einem Land so (siehe Grafik unten). Der Bildungsforscher Stefan Hopmann kennt viele Systeme und weiß: "Zentrale Elemente gibt es zwar sehr häufig. Doch deren Anteil an der Maturanote beträgt meist maximal 40 Prozent. Oft wird die Jahresleistung der Schüler miteingerechnet."

Ursprünglich sollte es auch in Österreich eine teilzentrale Matura geben. "Leider wurde das schrittweise zu einer vollzentralen Veranstaltung", sagt Hopmann. Er stößt sich – wie die Schüler – auch am neuen Benotungssytem: "Auch wenn das bifie (formuliert Maturafragen, Anm.) argumentiert, dass es Testaufgaben vorbereitet, mit denen die Maturanten üben können – die Schüler haben über die Jahre eine Strategie entwickelt, wie sie zu guten Noten kommen. Sie können sich nicht so schnell umstellen." Da haben es französische Schüler leichter. Sie müssen sich während ihrer Schulzeit oft zentralen Prüfungen stellen. Die Reifeprüfung ist eine von vielen. Tester sind dort übrigens nicht die eigenen Lehrer.

Subjektive Urteile

Zentrale Tests führen laut Hopmann auch nicht zu besseren Schülerleistungen: "Das war noch nie auf der Welt so." Und sie sind auch nicht gerechter: "Natürlich sind die Urteile der Lehrer subjektiv. Aber zentrale Tests sind es genauso, weil Schüler einer Form der Mathematik gegenüberstehen, die vielleicht anders ist als die, die ihre Lehrer vermittelt haben."Schlimmer noch: "Je zentraler ein Test, desto ungerechter ist er. Das zeigt sich in Ländern mit zentrale Aufnahmeprüfungen. Je mehr Geld die Eltern dort in Nachhilfe investieren, desto erfolgreicher ist ihr Kind." Beispiel Japan: "Dort prognostiziert das Nachhilfeinstitut den Erfolg besser als die Schule, die ein Jugendlicher besucht." Ähnliches wird in Österreich wohl bad auch für die vorwissenschaftlichen Arbeiten gelten, die jeder Maturant schreiben muss: Wer Hilfe von außen bekommt, ist erfolgreicher.Sollte man also alle zentrale Tests abschaffen? "Nein", sagt Hopmann: "Bildung ist teuer. Es ist daher ein legitimes Bedürfnis des Staates zu schauen, dass alle Schüler ein Basiswissen haben." Sein Vorschlag: "Zentrale Bestandteile, aber eine ganzheitliche Beurteilung der Schüler. Diese muss auch die bisherige Schullaufbahn und eventuell andere Leistungsformate beinhalten. Denn gemischte Systeme erlauben am besten, Beurteilungsfehler zu justieren. "