Politik/Inland

Griechenland: Das Sechs-Milliarden-Risiko für Österreich

Was passiert, wenn die Verhandlungen mit Griechenland scheitern? Welche Auswirkungen hätte ein Grexit, also ein Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone, für Österreich?

Auf derlei Fragen will sich die Regierungsspitze nicht im Detail einlassen. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) befand nach der gestrigen Ministerratssitzung, die Lage sei "zu ernst", um sich "spielerisch mit Szenarien" zu befassen.

Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) pflichtete bei: "Ich glaube auch, dass das eine sehr sensible Angelegenheit ist. Es wäre verhängnisvoll, jetzt schon mit den Planspielen zu beginnen. Wir beschäftigen uns nicht mit Szenarien, sondern hoffen auf eine Lösung."

Faymann warnte vor einem Grexit, er sprach von "ungeahnten Schwierigkeiten". Niemand könne sagen, ob es zu Geldabflüssen in anderen Ländern kommen werde. Die Ansteckungsgefahr könne auch "niemand berechnen".

Die Griechen-Hilfe

Berechenbar sind zumindest die Forderungen Österreichs gegenüber Griechenland. Mitterlehner nannte einen Kredit in Höhe von 1,6 Milliarden Euro sowie Haftungen, die aber nicht zur Gänze ausgeschöpft seien. Das Finanzministerium bezifferte die Forderungen gegenüber Griechenland auf KURIER-Anfrage mit 5,8 Milliarden Euro (inklusive Haftungen in Höhe von 4,3 Milliarden).

Was bedeutet es für die Republik konkret, wenn Griechenland aus der Euro-Zone fliegt? Sind die knapp sechs Milliarden Euro damit verloren? "Die Forderungen müssen im Budget durch andere Einnahmen kompensiert werden", erklärt Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek. Soll heißen, entweder müssen neue Einnahmequellen gefunden werden, oder es muss gespart werden – kein leichtes Unterfangen, wenn man bedenkt, wie schwierig es ist, rund fünf Milliarden Euro für eine Steuerreform aufzustellen.

Allerdings wären die ersten Rückzahlungsraten der Griechen erst 2020 fällig. Ein Experte, der namentlich nicht genannt werden will, meint zudem, es sei nicht damit zu rechnen, dass die Forderungen zur Gänze uneinbringlich wären. Man könne damit rechnen, dass 50 bis 60 Prozent bedient werden.

Geringe Verflechtung

Keine großen Effekte sollte ein Grexit auf das heimische Wirtschaftswachstum oder auf die Exporte haben, da Griechenland und Österreich wirtschaftlich nicht eng miteinander verflochten seien. Russland sei da "ein weit wichtigerer Partner", betont Brezinschek.

Etwaige Folgen für die Banken-Branche erwartet der Experte im Grexit-Fall auch nicht. "Die österreichischen Banken haben so gut wie keine Forderungen gegenüber Griechenland."

"Indirekte Auswirkungen" auf Österreich könnte es noch geben, "weil Länder wie Bulgarien, Serbien, Albanien oder Italien engere wirtschaftliche Beziehungen zu Griechenland haben", meint Brezinschek.

Einig sind sich Experten aber darin, dass die EU heute für ein Grexit-Szenario wesentlich besser gerüstet ist als noch vor einigen Jahren.

172 Milliarden umfasst das EU-Hilfsprogramm für Griechenland. Läuft Ende Februar aus.

8 Milliarden sind laut Schätzungen die Kosten der Reformen, die die Syriza-Regierung angekündigt hat.

4,5 Prozent Überschuss soll das Land erwirtschaften, um Schulden abzuzahlen.

22 Prozent hat es an Wirtschaftsleistung seit 2008 eingebüßt.