Greenpeace: Regierungs-Zwang, gegen Datenschutz zu verstoßen
Auch am Tag nach den massiv kritisierten Verschärfungen des Zugangs von Umweltorganisationen zu Umweltprüfverfahren reißt die Kritik nicht ab.
Die
Bundesregierung hatte am Donnerstag im Umweltausschuss per Abänderungsantrag zu ihrem eigenen, erst vor zwei Wochen im Nationalrat eingebrachten, "Umweltpaket" den Zugang für NGOs zu Umweltverträglichkeitsprüfungen (kurz: UVP) massiv verschärft.
Werden die Regeln auch - wie zu erwarten - im Nationalrat beschlossen, dürfen künftig nur mehr Umweltorganisationen mit mindestens 100 Mitgliedern in solchen Verfahren mitwirken - eine Regelung, der laut Greenpeace-Geschäftsführer Alexander Egit 40 der momentan 60 NGOs zum Opfer fallen würden, die momentan berechtigt sind, an diesen Verfahren teilzunehmen.
Das noch größere Problem wirft laut Kritikern aber der künftig erforderliche Nachweis dieser Größe auf: Um ihre Mitglieder nachzuweisen, müssen die Organisationen Mitgliederlisten an das Umweltministerium übermitteln.
Greenpeace will Höchstgerichte anrufen
Das führe zu der Situation, "dass eine Bundesregierung Umweltorganisationen zwingen will - wenn sie ihre Rechte wahrnehmen wollen - gegen den Datenschutz zu verstoßen", sagte Egli im ORF-Morgenjournal am Freitag. Die Folge werde eine "massive Rechtsunsicherheit" sein. Denn Greenpeace werde dieser Aufforderung "selbstverständlich" nicht Folge leisten, künftig aber "jedes einzelne UVP-Verfahren" beantragen - und nach der Abweisung die Höchstgerichte anrufen.
Das werde dazu führen, "dass es über die nächsten Jahre, solange dieses Gesetz aufrecht ist, keine Verfahrenssicherheit gibt", kündigte Egit an.
Vor dieser jahrelangen Rechtsunsicherheit hatte bereits am Donnerstag Thomas Alge, Geschäftsführer des Umwelt-Dachverbands Ökobüro, gewarnt. „Der Europäische Gerichtshof ist für einen möglichst weiten Zugang für die Bürger. Hier geschieht nun genau das Gegenteil“, meinte Alge. Darum könnten am Ende die in dem Zeitraum durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfungen vom EuGH wieder aufgehoben werden.
Gar "ungarische Zustände" ortet die Datenschutz-NGO epicenter.works gegenüber dem KURIER. Der Vorstoß sei "eine reine Schikane und widerspricht einem der Grundprinzipien des Datenschutzes, nämlich der Datenminimierung", sagt Executive Director Thomas Lohninger. Die Kompetenz einer Organisation aus der Anzahl der Mitglieder ableiten zu wollen, sei ein "äußerst fragwürdiger Zugang". Durch die Übermittlung von personenbezogenen Daten der Vereinsmitglieder an staatliche Stellen ergebe sich auch eine erhöhte Missbrauchsgefahr.
Greenpeace-Geschäftsführer Egit erwartet nun von Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), dass sie "diesen gezielten Angriff auf Umwelt und Bürgerrechte stoppt, bevor das Gesetz in drei Wochen in den Nationalrat kommt". Sollte sie das nicht tun, sei sie rücktrittsreif.