Politik/Inland

Grasser, ein Ritter von der traurigen Gestalt

Für die auf B- und C-Prominenz abonnierte Society-Journalistik war dieser Tage Karl-Heinz Grassers erster Auftritt bei einem Gesellschaftsereignis nach Monaten der Abstinenz eine große Story. Für die Vertreter des seriösen Aufdeckungsjournalismus war zur gleichen Zeit die Enthüllung eines für KHG vernichtenden Berichtes der Korruptionsstaatsanwaltschaft das wirklich relevante Thema.

Ergebnis für den Konsumenten beider journalistischer Zugänge bleibt eine Erkenntnis: Der einstige politische Superstar und Massenliebling ist nur noch ein Ritter von der traurigen Gestalt.
Er kämpft vergeblich gegen den totalen Ansehensverlust in der Finanzwelt und in der wirklich guten Gesellschaft. Und er kann sich nur noch mit letzten Tricks vor einer Anklage wegen des Verbrechens der Bestechlichkeit wehren.
Juristisch gilt selbstverständlich die formale Unschuldsvermutung, politisch und moralisch ebenso selbstverständlich die reale Schuldvermutung.
Bei einer Galaveranstaltung präsentierte sich das Ehepaar KH und Fiona in gewohnter Manier. Er mit neuen Gschichterln von Menschen von der Straße, die ihm immer noch höchste Sympathie bezeugten.
Sie mit nicht nur liebes-trunkenen Schmuse-Attacken. Ein peinlicher öffentlicher Auftritt mehr.

Logik und Indizien

Im Kriminalfall des KHG spricht alle Logik gegen die Unschuld Grassers.
Aber vor Gericht gilt nicht die Logik, sondern nur der Beweis. Den zu erbringen hindert eine mit hoher Energie gebaute Konstruktion von weltweit verstreuten Dutzenden Konten und zwei Stiftungen in Liechtenstein, in denen Grassers unerklärlich hohes Millionenvermögen herumgeschoben und dann geparkt wurde.

Diese Konstruktion und darauf basierende Rechtsmittel von Grassers Anwalt kostete die - anfangs auch eher zögerlich, inzwischen mit Volldampf recherchierenden - Staatsanwälte die lange Untersuchungszeit. Dass sich das KHG-Team über diese lange Verfahrensdauer ständig beschwerte und auch jetzt wieder einen raschen Abschluss der Untersuchung fordert, ist klassische Chuzpe nach Art des Beschuldigten.

Alle bisherigen Untersuchungsergebnisse der Staatsanwälte, deren zusammenfassenden Zwischenbericht der KURIER in der vergangenen Woche in Serie veröffentlichen konnte, sprechen gegen Grasser. Und dafür, dass er im Zusammenspiel mit seinen Spezis Meischberger und Plech (Unschuldsvermutung) bei der Privatisierung der BUWOG Millionen kassierte. Die Beute wurde schön gleichmäßig auf drei Konten aufgeteilt. Zwei davon gehören eindeutig Meischberger und Plech. Das ominöse dritte nach allen Indizien Grasser.

Gewiss, wir haben derzeit schwerste wirtschaftliche Probleme. Der größte Korruptionsfall der Republik darf deshalb aber nicht aus dem politischen Fokus verschwinden. Korruption gefährdet die Demokratie genauso wie die immer schlimmer werdende Krise.