Stadt Salzburg: Roter Wahlsieg, NEOS vor FPÖ
Von Karin Leitner
Es war der erste kleine Stimmungstest seit der Nationalratswahl im Herbst des Vorjahres. 421.616 Salzburger konnten am Sonntag ihre Gemeindevertreter und Bürgermeister neu bestimmen; 110.000 davon in der Landeshauptstadt. Elf Listen haben dort kandidiert.
Die SPÖ ist stimmenstärkste Partei geblieben. Ihre bisherige Mehrheit mit den Grünen konnten die Roten knapp halten. 21 der 40 Mandate haben sie jetzt (SPÖ 15, Grüne 6). Platz 2 belegt weiter die ÖVP. Auf Rang 3 sind die Grünen, gefolgt von den Neos. Diese haben die FPÖ mit nur drei Stimmen Vorsprung auf Rang 5 verdrängt. Landesweit behält die ÖVP die Vormacht in den Salzburger Kommunen.
Resultatsschmerzen
2,8 Prozentpunkte hat die Stadt-SPÖ von Heinz Schaden eingebüßt. Dennoch behagt ihm das Ergebnis: "Das hätte vor einigen Monaten auch nicht jeder geglaubt." Gar 8,4 Prozentpunkte hat die ÖVP von Vizebürgermeister Harry Preuner verloren; drei Mandate und der zweite Sitz in der Stadtregierung sind weg. Preuner war enttäuscht: "Es ist schmerzlich."
Im Wahlkampf hatte sich Schaden von der SPÖ distanziert – weil er befürchtet hatte, mit ihr die Nachwehen des Spekulationsskandals unter der einstigen Landesregierung zu spüren. ÖVP-Landeshauptmann Wilfried Haslauer wiederum wollte mit Preuner und dessen Rechtskurs nichts zu tun haben. Verloren haben auch die Stadt-Grünen von Johann Padutsch (2,9 %). Bitter für die Blauen: Sie verlieren den Stadtratssitz – an die Neos. Diese haben es aus dem Stand auf 12,4 Prozent gebracht. Spitzenkandidatin Barbara Unterkofler: "Es ist überwältigend, dass wir das geschafft haben." Auch die "Bürger für Salzburg" ziehen in das Stadt-Parlament ein. Draußen bleiben muss der Stronach-Ableger "Team Salzburg". 1,6 Prozent Zuspruch reichen nicht.
Einen negativen Rekord gibt es bei der Wahlbeteiligung. Nur 49,33 Prozent der Stadt-Bürger haben abgestimmt. 2009 taten das 57 Prozent (2004 : 64,8 %).
Außerhalb der Landeshauptstadt konnte sich die ÖVP behaupten. Sie stellt fünf Bürgermeister mehr als 2009. Erfreulich für VP-Landeschef Haslauer – angesichts "wenig Unterstützung von der Bundespartei und Politikverdrossenheit". ÖVP-Chef Michael Spindelegger erklärt das schlechte VP-Stadtergebnis mit der Konkurrenz von "vielen, vor allem bürgerlichen Listen". SPÖ-Chef Werner Faymann lobt Schaden: Trotz sieben Gegenkandidaten habe dieser das Resultat von 2009 annähernd gehalten.
NEOS "küssen Salzburg wach"
Die ÖVP konnte ihre Vormachtstellung in den Kommunen mit leichten Einbußen verteidigen, etwas stärkere Verluste setzte es für die SPÖ, leicht zulegen konnten FPÖ, Grüne und Namenslisten.
In 73 der 119 Salzburger Gemeinden hat die Volkspartei die absolute Mehrheit errungen, das ist um ein Ort mehr als vor fünf Jahren. Dank der Wahlarithmetik hat das sogar zu 80 "Absoluten" der ÖVP in den Gemeindevertretungen gereicht, zuletzt war dies in 76 Orten der Fall
In Bischofshofen gewann Hansjörg Obinger für SPÖ, er nimmt die Stelle von Jakob Rohrmoser (ÖVP) ein, der in den Ruhestand gegangen war. In Ramingstein wurde Franz Winkler von der SP abgewählt, ÖVP-Mandatar Peter Rotschopf wird nun Ortschef. In Werfen konnte die ÖVP die Wahl für sich entscheiden, Hannes Weitgasser wird Bürgermeister. Auch in Leogang gewann die VP den Bürgermeistersessel von der SP zurück, Josef Grießner wird Bürgermeister - der erste per Casting gewählte Bürgermeisterkandidat Adam Herzog konnte in Leogang nicht überzeugen.
Peter Nindl, seit 1979 im Amt und damit der längstdienende Ortschef des Landes, bleibt im Amt: Der ÖVP-Kandidat für Neukirchen am Großvenediger wurde mit 69,5 Prozent wiedergewählt.
Ihr blaues Wunder erlebt die Gemeinde Unken im Pinzgau: Nach der Debatte um ein Asylheim gewann die FPÖ fast zehn Prozent dazu und hat jetzt 39,6 Prozent. Dahinter liegt die ÖVP mt 37,1 Prozent. Bürgermeister bleibt trotzdem Hubert Loyfeyer (ÖVP). In Weißpriach erreichte die FPÖ 40,1 Prozent. In Saalbach dürften die Blauen jubeln: Sie legten 21,6 Prozent zu und sind mit 43,1 Prozent die zweitstärkste Partei hinter der ÖVP.
Kaprun behält den roten Bürgermeister Manfred Gaßner, obwohl die SPÖ einen Verlust von 13,1 Prozent einstecken musste. Die Grünen schafften aus dem Stand 12,2 Prozent, die ebenso erstmals kandidierende FPÖ 10,5.
in Bramberg schaffte es ÖVP mit Johann Enzinger, ins Bürgermeisteramt einzuziehen.
Hoffnung hatte sich die SPÖ in der früheren Arbeiter- und Salinenstadt Hallein gemacht, wechselte doch der erfolgreiche ÖVP-Bürgermeister Christian Stöckl erst vorigen Juni in die Landesregierung. Dessen Nachfolger Gerhard Anzengruber setzte sich heute trotzdem bei seiner ersten Direktwahl schon im ersten Anlauf klar durch: 59,1 Prozent der Halleiner kreuzten seinen Namen an, SPÖ-Herausforderer Walter Reschreiter kam über 21,1 Prozent nicht hinaus. Die Neos erreichten auf Anhieb 10,1 Prozent.
Offen war die Ausgangslage auch in der Stadt Zell am See. Dort war der in der Gemeinde beliebte Bürgermeister Hermann Kaufmann vorigen Oktober überraschend gestorben. Sein Nachfolger Peter Padourek (ÖVP) hatte zwar kaum Zeit, sich einen Amtsbonus aufzubauen, sie hat aber offenbar gereicht: Mit satten 65,7 Prozent erzielte er annähernd die Zwei-Drittel-Mehrheit. Sein SPÖ-Gegenkandidat Hans Wallner, der schon in den 1990er-Jahren die Geschicke der Pinzgauer Bezirkshauptstadt gelenkt hatte, konnte ihm mit 29,1 Prozent der Stimmen nicht das Wasser reichen.
In Radstadt verspürten die Sozialdemokraten nach einem Streit über einen Schulbau Rückenwind, doch der Schein trügte. ÖVP-Bürgermeister Josef Tagwercher musste zwar Federn lassen (5,6 Prozentpunkte gegenüber 2009), mit 53 Prozent reichte es dennoch schon im ersten Wahlgang.
Und auch in den Flachgauer Gemeinden Straßwalchen und Hof, in denen jeweils ÖVP-Abtrünnige mit eigenen Listen gegen Bewerber der Mutterpartei antraten, konnte die SPÖ die Gunst der Stunde nicht nutzen: In beiden Orten blieb sie jeweils hinter der ÖVP und deren Gegenkandidaten zurück.
Einen roten Hoffnungsschimmer gibt es schließlich noch in Neumarkt am Wallersee, wo auch für die Volkspartei ein Neuling in den Ring stieg: Hier kommt es zwischen Schwarz und Rot in zwei Wochen zur Stichwahl. ÖVP-Kandidat Adolf Josef Rieger brachte es heute aber schon auf 45,7 Prozent der Stimmen, der SPÖ-Herausforderer konnte nur 31,2 Prozent der Wählerstimmen hinter sich vereinen.
In Hintersee (Flachgau) erzielte die ÖVP mit 57,7 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit (plus 14,1 Prozent gegenüber 2009). Die SPÖ kam auf 30,6 Prozent (minus ein Prozent). Die FPÖ musste mit 11,7 Prozent einen Verlust von 13,1 Prozentpunkten hinnehmen.
In Krimml legte die SPÖ sehr stark zu, die ÖVP blieb aber stimmenstärkste Partei der Gemeindevertretung.
In Untertauern (Pongau) fuhr wiederum die ÖVP mit 33, 4 Prozent einen Verlust von 15,6 Prozentpunkten ein, konnte aber noch Platz eins verteidigen. Die SPÖ konnte mit 30,8 Prozent (minus 9,3) noch den zweiten Platz halten. Die FPÖ erreichte 8,3 Prozent (minus 2,6) und gab damit den dritten Platz an die Liste GFUO (Gemeinsames Forum Untertauern) ab, die erstmals antrat und 27,5 Prozent erreichte.
Dienten ist in SP-Hand: 48,1% gehen dort an die Sozialdemokratie, 34,6% an die VP und 17,3% an die FP.
Die FPÖ hat in Saalbach-Hinterglemm kräftig gewonnen: ÖVP 46,9% (- 12,7), FPÖ 43,1% (+ 21,6) , SPÖ 9,9% (- 8,9).
In Weißbach bei Lofer (Pinzgau) konnten sowohl ÖVP (60,4 Prozent) als auch die SPÖ (27,3 Prozent) leicht dazugewinnen. Die FPÖ musste mit 12,4 Prozent ebenfalls Verluste (minus 5,8) einstecken.
In St. Gilgen holt die VP 10,6 Prozent mehr und kommt auf 65,9 Prozent, 23,1 Prozent wählten die SPÖ und 11 die FPÖ.
Im Lungau gab es bisher keine größeren Überraschungen. Die Freiheitlichen konnten sich in einigen Orten über kräftige Zugewinne freuen - so zum Beisspiel in Weißpriach, Lessach und Tweng.
Die Grünen legten in Hallwang zu: Mit 14,2 Prozent liegen sie auf Platz drei hinter der SPÖ (23,9 Prozent) und Spitzenreiter ÖVP (54,5Prozent). Die FPÖ erreicht 7,5% und verliert damit.
Zu Stichwahlen wird es in Seekirchen, Neumarkt, Straßwalchen, St. Martin bei Lofer, Bruck an der Glocknerstraße, Wagrain und Rauris kommen.
Jubelschreie und ein breites Lächeln im Gesicht von Peter Padourek, als er gegen 17.30 Uhr das Ergebnis der Gemeinderatswahlen aus Zell am See auf einem Flipchart im Rathaus wahrnimmt: 52,3 Prozent für die ÖVP – absolute Mehrheit. Mit 65,7 Prozent wurde er von 9573 Einwohnern der Pinzgauer Bezirkshauptstadt direkt zum Bürgermeister gewählt.
Versteinerte Mienen hingegen im roten Lager: Die SPÖ verlor 6,7 Prozent, unter dem Strich bleiben 30 Prozent. Für Padoureks Herausforderer, Hans Wallner, gab es nur 29,1 Prozent. Noch ein Dämpfer: Die SPÖ hat jetzt nur noch acht Mandate im Gemeinderat, während die ÖVP ihre 13 hält. FPÖ und Grüne gewannen jeweils ein Mandat dazu (Grafik).
Sympathiewahl
Spannend war es bis zum Schluss. Das Wahlmotiv sei eine reine Sympathie-Frage, keine ideologische, sind sich die Zeller einig. Denn sachpolitisch seien alle Fraktionen beinahe auf einer Linie: Hochwasserschutz, leistbares Wohnen und eine anständige Ortsumfahrung. Durch den blühenden Tourismus steht die Stadt finanziell gut da. „In Zell war schon immer für jeden Platz, der eine g’scheite Idee hat“, sagt ein Einheimischer. Von etwa 7600 Wahlberechtigten wollten 4760 – das sind 62,9 Prozent – mitbestimmen.
Dabei war der Urnengang an jenem Wahlsonntag bei Sonnenschein, frühlingshaften Temperaturen und dem verlockenden Blick auf das Kitzsteinhorn freilich nicht das erste, das den Bewohnern des Pinzgauer Urlaubsidylls in den Sinn gekommen ist. Peter Schandlbauer, Chef des Sporthotels Lebzelter im historischen Stadtzentrum, hat erst ein paar Schwünge auf der Skipiste und dann erst sein Kreuzerl gemacht. Von Padourek hält er viel: „Er ist ein g’rader Michl und ein gebildeter Mann.“ Der Besitzer eines Massagestudios hat im zweiten Bildungsweg ein Politik-Studium abgeschlossen und sei mit 46 Jahren als Stadtoberhaupt genau im richtigen Alter, meint Schandlbauer. „In der Gemeindestube muss Platz für die Jungen sein. Sesselpicker brauchen wir nicht.“
Ob er damit Hans Wallner meint, der bereits von 1993 bis 1998 Bürgermeister war, lässt er offen. Der 62-Jährige wollte es nach seiner Pensionierung als Manager der Schmittenhöhebahn noch einmal wissen. Im Schatten des VP-Siegers sagt er über seine politische Zukunft: „Wir werden im Team entscheiden, ob ich überhaupt ein Mandat im Gemeinderat übernehme.“ Das Wahlergebnis sei für ihn jedenfalls „frustrierend“.
Ganz oder gar nicht
Alles oder nichts hieß es auch für Padourek, denn mit dem Vize hätte er sich nicht zufrieden gegeben. „Wäre ich Zweiter geworden, hätte ich mich zurückgezogen und auf meinen Privatberuf konzentriert.“
Padourek hat das Amt bereits im Herbst nach dem plötzlichen Tod von Hermann Kaufmann (56) übernommen – jener schwarze Bürgermeister, der 2009 mit einem Erdrutschsieg die rote Hochburg erobert hatte. Seinem Charisma und Engagement alleine, so heißt es, habe die ÖVP das zu verdanken gehabt. Eines ist den Zellern damit klar: Ohne Kaufmann hätte es nie einen Padourek an der Spitze gegeben. Ob er den Schwung des verstorbenen Sympathieträgers auch für die Zeller Volkspartei mitnehmen konnte? Ja, aber nur indirekt, glaubt Padourek. „Nach dem Tod von Hermann hätte die Partei auseinander brechen können. Stattdessen sind wir näher zusammengerückt. Das Team ist stärker geworden.“
Das Land Salzburg bleibt übrigens ein schwarzer Teppich: Von den 119 Gemeinden ist die ÖVP in 97 die stärkste Kraft.
"Wir haben im Jahr 2009 das beste Ergebnis seit 1945 erzielt, heute sind wir ganz knapp an den Erfolg herangekommen", bilanzierte am Sonntagabend Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP). "Wir haben fünf Bürgermeister dazu gewonnen, vor den Stichwahlen halten wir 91 von 119 Bürgermeistern. Das ist ein außergewöhnliches Ergebnis, besonders in der allgemeinen Stimmungslage mit wenig Unterstützung von der Bundespartei und allgemeiner Politikverdrossenheit", sagte Haslauer. Wichtige Städte wie Hallein und Zell am See habe man klar halten können.
SP-Vorsitzender Werner Faymann hat dem Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden am Sonntag gratuliert. Schaden - der in die Stichwahl muss - habe trotz sieben Gegenkandidaten annähernd das Ergebnis von 2009 gehalten, so der Kanzler via OTS. Er habe mit seinem erfolgreichen Kurs Salzburg zu einer modernen lebenswerten Stadt gemacht. Auch das Ergebnis in den Gemeinden sei "sehr respektabel".
ÖVP-Obmann Michael Spindelegger hat seinen Salzburger Kollegen zu den Gemeinderatswahlen gratuliert. "Die ÖVP ist erneut bei weitem die stärkste Kraft im Bundesland Salzburg und die Gemeinde- und Bürgermeisterpartei", so der Vizekanzler am Sonntagabend. Das starke Minus in der Stadt Salzburg ist für Spindelegger "dem Antreten von vielen, vor allem bürgerlichen Listen geschuldet und war erwartbar".
Über ein "in Summe sensationelles Ergebnis für die grünen Gemeindegruppen" freute sich Landessprecherin LHStv. Astrid Rössler (Grüne). "Wir haben in allen elf Gemeinden, in denen wir zum ersten Mal angetreten sind, auf Anhieb den Einzug in die Gemeindevertretung geschafft, zum Teil mit sensationellen Einstiegsergebnissen von fast 20 Prozent. Und mit Ausnahme von leichten Verlusten in vier Gemeinden haben wir überall dazugewonnen. Meine Erwartungen wurden übertroffen."
Zufrieden" mit dem Ergebnis zeigt sich FP-Generalsekretär Herbert Kickl. Landesweit habe man zwei Prozent gewonnen und angesichts immer größerer Listenvielfalt und Wählermobilität sei "jedes Prozent plus doppelt schwer zu erarbeiten". Ein "kleiner Wermutstropfen" ist für Kickl das Minus in der Landeshauptstadt.
Landesrat Hans Mayr vom Team Stronach zeigte sich enttäuscht vom Wahlausgang in der Mozartstadt. "Die Wähler, die andere Parteien verlassen haben, sind eins zu eins zu den NEOS gegangen."