Spitzenpolitik verordnet sich selbst eine Nulllohnrunde
Die Politikerbezüge sollten kommendes Jahr um 9,7 Prozent steigen. Das entspricht dem voraussichtlichen Anpassungsfaktor der Pensionen.
Eine solche Erhöhung wäre zwar ein neuer Rekord. Dennoch hat die Gehaltspyramide für Politikerinnen und Politiker seit ihrer Einführung vor über 25 Jahren massiv an Wert verloren - wegen mehrerer Nulllohnrunden und Anpassungen unter der Inflationsrate.
Auch heuer soll es wieder eine Nulllohnrunde geben - allerdings nur für Spitzenpolitiker auf Bundesebene. wie Kanzler-Sprecher Daniel Kosak am Dienstag via Twitter verkündete. Für Abgeordnete aller Ebenen, Länder und Gemeinden soll um voraussichtlich knapp unter 5 Prozent erhöht werden.
Die FPÖ kündigte am Dienstag bereits an, im Herbst einen Antrag einzubringen, um die automatische Anpassung zu verhindern. Auch die SPÖ plädiert für eine Nulllohnrunde, allerdings nur für Regierungsmitglieder und besser verdienende Bundesorgane.
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Basis der Gehaltspyramide ist der Bezug der Nationalratsabgeordneten mit aktuell 9.873 Euro monatlich.
Ausgehend davon, werden die maximalen Bezüge der anderen Amtsträger in Bund und Ländern errechnet. Zumindest theoretisch, denn in der Praxis weichen die Spitzenverdiener auf Bundesebene von den Staatssekretären aufwärts von dieser Systematik ab. Sie müssen seit 2019 Abschläge hinnehmen.
Rekord-Valorisierung
Mit der Valorisierung um 9,7 Prozent würden Nationalratsabgeordnete nächstes Jahr 10.830 Euro monatlich verdienen. Für den Bundespräsidenten gäbe es 29.291 Euro pro Monat (statt 26.701), der Bundeskanzler käme auf 26.152 (statt 23.840), sein Vizekanzler auf 23.014 (statt 29.979) und die Ministerinnen und Minister auf 20.922 Euro brutto (statt 19.072).
Die Landeshauptleute hätten Anspruch auf maximal 21.660 (statt 19.745) Euro.
Laut Bezügebegrenzungsgesetz sollen die Politikereinkommen entweder mit dem Anpassungsfaktor für die Pensionen oder mit der Inflation von Juli des Vorjahres bis Juni des laufenden Jahres mitwachsen - je nachdem, welcher der beiden Werte niedriger ist.
Heuer wäre das die Pensionsanpassung (9,7 Prozent). Der Anpassungsfaktor ist aber noch nicht fix. Er basiert auf vorläufigen Inflationsdaten, die sich bis zur offiziellen Verlautbarung im Dezember noch ändern können.
Mehrere Nulllohnrunden
Angesichts der historisch hohen Inflation wäre die Valorisierung 2024 ein neuer Rekord. Annähernd vergleichbare Größenordnungen hat es seit der Einführung der Gehaltspyramide für Politiker nur heuer mit 5,3 Prozent gegeben.
Abgesehen davon gönnte sich die Politik nur ein einziges Mal eine Gehaltserhöhung über zwei Prozent (2006 mit 2,3 Prozent). Viele waren Nulllohnrunden (2009 bis 2012 und 2018).
Damit hat die Gehaltspyramide seit 1997 deutlich an Wert verloren. Ursprünglich erhielt ein Nationalratsabgeordneter 100.000 Schilling (7.267 Euro).
Wäre dieser Betrag laufend an die Inflation angepasst worden, müssten die Abgeordneten heute 12.100 Euro monatlich erhalten. Tatsächlich sind es aber 9.873 Euro. Wollte man diesen Wertverlust ausgleichen, müssten die Politikerbezüge theoretisch also um mehr als ein Fünftel steigen.
FPÖ: "Unanständig"
FPÖ-Chef Herbert Kickl kündigte am Dienstagvormittag bereits an, die Lohnerhöhung "auf alle Fälle verhindern" zu wollen. „Wir werden im Herbst im Nationalrat einen Antrag stellen, um diesen Automatismus auszusetzen - und zwar auch für Spitzenbeamte sowie all jene Top-Manager, die in Unternehmen arbeiten, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist", sagte Kickl.
Ein Plus von fast zehn Prozent wäre "unanständig" all jenen gegenüber, die laut dem FPÖ-Chef durch "die falsche Politik der Regierung in eine Rekordteuerung hineinmanövriert und so an den Rand der Existenz gedrängt wurden". An Kanzler Karl Nehammer gerichtet sagt Kickl: "Wenn Sie nur einen Funken Anstand besitzen, dann werden Sie die Gehaltserhöhung mit uns gemeinsam aussetzen."
SPÖ: "Unmoralisch"
Die SPÖ forderte in einer Aussendung eine Nulllohnrunde für Regierungsmitglieder und Bundesorgane, die Gehälter in Höhe der Klubobleute oder höher beziehen. "Es wäre absolut unmoralisch, wenn die Gehälter der österreichischen Bundesregierung nunmehr die höchste Gehaltsanpassung erhalten", so SPÖ-Chef und Bundesrat Andreas Babler. Außerdem verlangte Babler ein weiteres Mal eine Valorisierung des Arbeitslosengeldes.