Karmasin: "Da sind wir sehr weit weg"
Von Maria Kern
Dänemark gilt als eines der familienfreundlichsten Länder der Welt. In Österreich gibt es diesbezüglich noch Entwicklungspotenzial. Das weiß Familienministerin Sophie Karmasin – und lud daher den dänischen Familienstaatssekretär Jesper Zwisler nach Wien ein, um zu erfahren, was die Dänen besser machen.
Ihr Grundprinzip lautet: „Wir versuchen einen Rahmen zu schaffen, damit die Familien selbst entscheiden können, wie sie sich organisieren wollen“, sagt Zwisler. Das Konzept bewährt sich. Die Geburtenrate liegt bei 1,8 Kindern pro Frau (Österreich: 1,4). Die Familien sind der Politik aber auch viel wert:
Ausgaben Die Dänen investieren 3,9 Prozent des BIP in Familien (Österreich: 2,95).
Familienbeihilfe Eltern bekommen monatlich zwischen 123 und 197 Euro je nach Alter des Kindes (Österreich: 109 bis 158 Euro).
Recht auf Kinderbetreuung Es gibt einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab einem Alter von sechs Monaten. 91 Prozent der unter Zweijährigen sind in einer Kinderbetreuungseinrichtung untergebracht. In Österreich gibt es nur für 25 Prozent der Kleinen Plätze.
Karenz Mütter und Väter haben in Dänemark aber nur maximal ein Jahr lang Anspruch auf bezahlte Karenz (Österreich: bis zu drei Jahre).
Kinderbetreuungsgeld Die Höhe variiert. Die meisten Eltern bekommen eine Lohnfortzahlung (Arbeitgeber holt sich Summe vom Staat). Wer staatliches Kindergeld bezieht, erhält maximal 2300 Euro monatlich (Österreich: 436 bis 2000 Euro).
Frauenerwerbsquote Weil es qualitativ hochwertige Betreuungsplätze gibt, arbeiten die meisten Mütter. Die Frauenerwerbsquote liegt bei 73 Prozent (Österreich: 67).
Die Mehrheit der Frauen arbeiten Vollzeit (64 Prozent; Österreich: 56). Der erfreuliche Effekt laut Zwisler: „Die hohe Frauenerwerbsquote wirkt sich positiv auf die Wirtschaftsleistung aus.“ Hinzu kommt, dass sich Väter stark in den Familien engagieren und Firmen familienfreundlicher als hierzulande sind.
Welche Schlüsse zieht Karmasin aus all dem? „Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und der Ausbau von Kinderbetreuung müssen eine politische Selbstverständlichkeit sein. Und Familienfreundlichkeit ist ein Wettbewerbsfaktor.“ Sollte es in Österreich auch einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab sechs Monaten geben? Die Ministerin bremst: „Da sind wir kulturell noch sehr weit weg.“