Politik/Inland

Fall Grasser: Tonbänder aufgetaucht

Michael Ramprecht hat Karl-Heinz Grasser bewundert. Er hat ihm gedient. Er hat ihm vertraut. Erst als Kabinettsmitglied, später als Chef der Bundesbeschaffungsagentur, dazwischen als Betreuer der BUWOG-Privatisierung.

2006 kam es zum Bruch. Ramprecht musste gehen. 2009 ging er an die Öffentlichkeit: Der Verkauf der 58.000 Bundeswohnungen, bei der Grassers Freunde Meischberger und Hochegger für hilfreiche Tipps den mächtigen Mitschnitt von 9,6 Millionen machten, sei "ein abgekartetes Spiel" gewesen. Der Spielmacher laut Ramprecht: der damalige Finanzminister Grasser, Letztverantwortlicher des 961 Millionen-Euro-Deals. Grasser dementiert vehement. Er hat Ramprecht wegen übler Nachrede verklagt.

Hausdurchsuchungen

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Doch das Spiel ist noch lange nicht vorüber: Dem KURIER vorliegende Unterlagen dokumentieren nun erstmals, dass den Ermittlern in der Causa BUWOG brisantes Ramprecht-Material vorliegt, das die Untersuchungen noch entscheidend beeinflussen könnte.

Ramprecht hat in seiner Zeit als Grasser-Vertrauter Tonträger angefertigt. Über mehrere Monate, wenn nicht sogar Jahre. Diese Tonbänder wurden von den Ermittlern bei Hausdurchsuchungen beschlagnahmt. Konkret hält die Staatsanwaltschaft in einem Papier aus dem BUWOG-Strafakt, das dem KURIER vorliegt, fest:

"Im Zuge der Aufarbeitung (...) wurden unter anderem bei Ramprecht (...) Durchsuchungen durchgeführt, bei welchen umfassendes Datenmaterial sichergestellt wurde. Dabei handelte es sich insbesondere um von Ramprecht angefertigte Tonaufnahmen, welche bei der Auswertung durch Anhören in Originalgeschwindigkeit mehrere Monate in Anspruch nimmt."

Nur zur Verdeutlichung: Grassers einstiger Mitarbeiter, der BUWOG-Spezialist Ramprecht, hat ganz offensichtlich interne Gespräche im Umfeld des Finanzministeriums aufgezeichnet und archiviert. Wenn, wie der Staatsanwalt behauptet, die "Auswertung durch Anhören in Originalgeschwindigkeit mehrere Monate in Anspruch nimmt" , dann kann dies im Umkehrschluss doch nur bedeuten, dass Ramprecht Hunderte Stunden aufgezeichnet haben muss. Ramprechts Anwalt zeigte sich dazu am Sonntag auf KURIER-Anfrage erstaunt: Er habe keine Kenntnis von beschlagnahmten Tonbandaufzeichnungen seines Mandaten. "Das ist mir völlig neu."

Wie dem auch sei: Die Staatsanwaltschaft hält die Auswertung des großen Lauschangriffes jedenfalls für "verfahrensrelevant" . Der Hintergrund: Ramprecht hatte auch in einer E-Mail an den ehemaligen BUWOG-Aufsichtsratschef und Grasser-Freund Ernst Plech behauptet, "über einen die BUWOG-Vergabe betreffenden Gesprächsmitschnitt zu verfügen." Auch diese E-Mail wurde von den Sonderermittlern mittlerweile sichergestellt.

Personalmangel

Die entscheidende Frage lautet freilich: Befindet sich auf den Tonträgern tatsächlich auch Verhängnisvolles zur Affäre? Wird womöglich gar Grasser persönlich belastet? Die Antwort darauf wird noch auf sich warten lassen. Denn die mit den umfangreichen Ermittlungen der Ära Grasser beauftragte Anti-Korruptions-Behörde leidet nach wie vor unter akutem Personalmangel - es stehen in diesem Fall lediglich fünf (!) Fahnder zur Verfügung. Und die sind laut dem jüngsten Bericht der Staatsanwaltschaft "derzeit fast ausschließlich mit der Auswertung der Zahlungsflüsse der BUWOG-Konten beschäftigt."

BUWOG: Ein Fall für echte Freunde

Der BUWOG-Verkauf beschäftigt noch immer Öffentlichkeit und Justiz. Im Zentrum stehen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser sowie einige seiner Freunde, darunter Ex-BUWOG-Aufsichtsratschef Plech. Im September 2002 erhielt Grassers Wunschkandidat Lehman Brothers (wo ein Grasser-Freund werkte) den Auftrag zur Durchführung der Privatisierung.

2004 wurde die BUWOG an die Immofanz um 961 Millionen Euro verkauft - die CA Immo hatte 960 Millionen geboten. Später wurde bekannt, dass die Grasser-Freunde Meischberger und Hochegger 9,6 Mio. € im Zuge des BUWOG-Deals kassierten. 2009 behauptete Michael Ramprecht, ein ehemaliger Mitarbeiter Grassers, der Ex-Minister habe die Privatisierung zugunsten der Immofinanz beeinflusst. Grasser dementierte und klagte Ramprecht, der auch Plech belastet hat, wegen "Übler Nachrede". Das Verfahren läuft.

Lesen Sie am Dienstag: Wer die Ermittlungen blockiert und wie lange diese noch dauern können.

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