Politik/Inland

Expertin warnt vor gefährlichem „Feuilleton-Antisemitismus“

Es ist nicht allein der dumpfe Judenhass von rechts, der der deutschen Antisemitismus-Forscherin Monika Schwarz-Friesel Sorge bereitet. Sie warnt vor dem „gebildeten, polierten Feuilleton-Antisemitismus“.

Er sei besonders gefährlich, weil er breites Gehör finde, so die Expertin im Rahmen eines Hintergrundgesprächs mit Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP). Beim Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus hat sie am Freitag eine Rede im Parlament gehalten.

Unter dem Deckmantel der Israel-Kritik würden Meinungsbildner wie etwa Uni-Professoren „eins zu eins die alten antisemitischen Stereotypen verbreiten“, sagt die Expertin angesichts der aus dem Ruder laufenden anti-israelischen Proteste an US-Hochschulen. 

Alle Inhalte anzeigen

Darunter fielen angebliche Kindermorde (im Gazastreifen) oder der Landraub an einer vermeintlich indigenen palästinensischen Bevölkerung. Jetzt zeige es Wirkung, dass „viele Jahre lang das Gift geträufelt wurde, dass Israel ein Verbrecherstaat ist“.

Doppelstandards

Schwarz-Friesel ortet vor allem in Deutschland Doppelstandards in der Debatte. „Man zeigt mit dem Finger auf den rechten Antisemitismus, während bei linkem Antisemitismus gerne mit der Meinungsfreiheit argumentiert wird.“

Als Beispiel nennt sie die Kontroversen rund um die Antisemitismus-Vorwürfe bei der Documenta. Gleichzeitig sei man häufig mit Rassismus-Vorwürfen konfrontiert, wenn man auf muslimischen Antisemitismus hinweise.

Scharf geht Schwarz-Friesel mit US-Eliteunis ins Gericht, die sich stolz als Phalanx der Meinungsfreiheit sehen würden und Rücksichtnahme für alle Minderheiten einfordern würden – „mit Ausnahme der Juden“.

Doch was dagegen tun? Während sich Sobotka mittelfristig gesetzliche Verschärfungen vorstellen kann, sieht die Expertin die Zivilgesellschaft gefordert. „Aber ich weiß, dass das eine Sisyphosarbeit ist.“