Politik/Inland

EU-Topjobs: Wen will Österreich an der Spitze der EU-Kommission?

Vor dem EU-Gipfel diese Woche läuft die Suche nach einem neuen EU-Kommissionspräsidenten auf Hochtouren. Während im Europaparlament die Parteien versuchen, ihre Spitzenkandidaten der Europawahlen durchzusetzen, werden die heimischen Parteien ihre Präferenzen am heutigen Mittwoch (13.00 Uhr) beim EU-Hauptausschuss im Nationalrat gegenüber Kanzlerin Brigitte Bierlein bekräftigen.

Kurz für Weber

Die Wünsche der Parteien sind offensichtlich, eine gemeinsame Position am Mittwoch gilt deshalb als unwahrscheinlich: Altkanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz wünscht sich, dass Bierlein den konservativen Spitzenkandidaten Manfred Weber als Nachfolger von Jean-Claude Juncker unterstützen wird. Für den sozialdemokratischen Kandidaten Frans Timmermans spricht sich SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried aus. Die künftige NEOS-Europaabgeordnete und bisherige Europasprecherin der Pinken im Nationalrat, Claudia Gamon, will die Liberale Margrethe Vestager an der Spitze sehen. Die Liste Jetzt weigert sich, vorschnell eine Präferenz abzugeben. Bei der FPÖ war dazu vorerst niemand zu erreichen.

Bierlein für Gleichberechtigung

Im Gegensatz zur Nominierung des EU-Kommissars ist Bierlein in diesem Fall - zumindest rein rechtlich - nicht an die Zustimmung der Fraktionen im Hauptausschuss gebunden. Beim Personalpaket an der EU-Spitze - Kommission, Rat, Parlament und Auswärtiger Dienst - will sie jedenfalls für Geschlechterparität eintreten, betonte die Kanzlerin am Dienstag gegenüber Medien. Eine konkrete Präferenz ließ sie sich bisher nicht entlocken, aus dem Bundeskanzleramt hieß es stets, sie wolle den EU-Hauptausschuss abwarten.

Für eine Mehrheit im Hauptausschuss braucht es die Zustimmung von zwei der drei großen Fraktionen ÖVP, SPÖ und FPÖ. Allerdings gilt sowohl eine türkis-blaue als auch eine rot-blaue Mehrheit für einen konkreten Kandidaten als ausgeschlossen. Für die FPÖ ist nämlich sowohl Weber als auch Timmermans ein rotes Tuch, während die beiden Traditionsparteien "ihre" EU-Spitzenkandidaten kaum fallen lassen dürften. Sollten sich die Blauen der Stimme enthalten, wären auch die beiden kleinen Fraktionen im Spiel. Denkbar ist auch, dass die Abgeordneten der Kanzlerin keine personelle Vorgabe machen, sondern lediglich einen inhaltlichen Rahmen abstecken. So könnten sie ihr auftragen, sich für die Nominierung einer Person aus dem Kreise der europäischen Spitzenkandidaten einzusetzen.

EU-Gipfel

Die EU-Staats-und Regierungschefs wollen sich bei ihrem Gipfeltreffen am Donnerstag und Freitag auf einen Vorschlag für den neuen Kommissionspräsidenten einigen. Dafür notwendig ist eine qualifizierte Mehrheit von 55 Prozent der Mitgliedsstaaten, die mindestens 65 Prozent der Bevölkerung repräsentieren. Um ins Amt zu kommen, braucht der Kandidat dann die absolute Mehrheit im EU-Parlament (376 von 751 Abgeordneten). Die EU-Chefs sind bei ihrem Nominierungsrecht frei, müssen aber laut EU-Vertrag das Ergebnis der Europawahl berücksichtigen.

Können sich die Staats- und Regierungschefs beim Gipfel in der Personalfrage nicht einigen, könnte am 30. Juni ein Sondertreffen zu der Frage stattfinden. Derzeit sieht es Beobachtern zufolge fast so aus, als könnte dieser Fall eintreten. Der Grund: Bei den EU-Wahlen Ende Mai erhielten die Konservativen und Sozialdemokraten zum ersten Mal keine absolute Mehrheit im EU-Parlament. Für die Wahl des neuen Kommissionspräsidenten sind nun mindestens drei Fraktionen notwendig.

Steht der EU-Kommissionspräsident oder die EU-Kommissionspräsidentin einmal fest, geht die Personaldebatte in Österreich erst so richtig los. Denn die Entscheidung über den österreichischen EU-Kommissar wird tatsächlich in Wien getroffen. "Ich nehme Vorschläge entgegen, man muss eine mehrheitsfähige Persönlichkeit finden", sagte Bierlein. Der oder die Kandidatin müsse jedenfalls fachlich kompetent und in Europafragen firm sein.