Atomkraft: Österreich will Nichtigkeitsklage beim EuGH einreichen
Von Diana Dauer
Die EU-Kommission stuft offiziell Atomkraft und Gas als grüne Energie ein. Damit gelten Finanzinvestitionen in diese Brückentechnologien als nachhaltig.
Sollte dieser heute von der EU-Kommission verabschiedete Rechtsakt in Kraft treten, wird Gewessler beim EuGH eine Nichtigkeitsklage einreichen. Österreich wird dabei von Luxemburg unterstützt.
Das Problem an dem Entscheid
Der Taxonomie-Bescheid, wie er heute von der EU-Kommission verabschiedet wurde, sei Greenwashing. Der delegierte Rechtsakt wurde als Hau-Ruck-Aktion durchgeführt, so die Ministerin.
Die Stellungnahmen der Experten und der Mitgliedstaaten im Vorfeld wurden ignoriert. Die EU erfülle damit die Wünsche der Atom-Lobby. Aber: "Atomkraft leistet keinen Beitrag zum Klimaschutz". Sie sei veraltet und zu teuer, damit also keine Lösung für das Klimaproblem.
Keine Zeit
"Wir müssen jetzt umsteigen und investieren", sagt die Ministerin. Man könne nicht darauf hoffen, dass in 20, 30 Jahren ein Atomkraftwerk an den Start geht. Man brauche die grüne Energie jetzt. Das Geld für den Ausbau der Atomenergie hätte schon damals, also zum Zeitpunkt des Ausbaus in Frankreich und anderen Staaten, in erneuerbare Energien gesetzt werden müssen. "Dann wären wir heute schon an einem anderen Punkt", sagt die Ministerin.
Unsere Abhängigkeit von fossilen Energien und russischem Gas zeige jetzt ihre Dramatik. Erneuerbare Energien sind die einzige Lösung, betont sie.
Gewessler ortet juristische Fehler
Die Kommission dürfe keine weitreichenden Alleinentscheidungen treffen, was bei diesem Entscheid aber passiert sei. Und: Atomkraft führe der Umweltschaden zu: Laut EU-Taxonomie-Recht dürfen die Finanzinvestitionen in Energietechnologien der Umwelt nicht schaden. Das würde durch das Greenwashing von Erdgas und Atomkraft aber passieren, erklärt Leonore Gewessler.
Wie geht's weiter?
Der Rat und die Mitgliedstaaten haben nun vier Monate Zeit, um den Bescheid zu prüfen. Die Ministerin habe bereits Juristen und Juristinnen beauftragt den Rechtsakt unter die Lupe zu nehmen. Österreich möchte eine Nichtigkeitsklage beim EuGH einreichen. Auch Luxemburg möchte sich, laut Gewessler einer solchen Klage anschließen. Rein formal könne allerdings erst Klage eingereicht werden, wenn der Rechtsakt in Kraft tritt, also nach den vier monatigen Prüfungszeit.
Hat die Klage eine Chance?
Die entschlossene Ministerin ist zuversichtlich, dass die Klage durchgeht. Große Teile der Taxonomie sind bereits in Kraft, und zwar die, die Finanzinvestitionen in "tatsächlich" grüne Technologie unterstützt - also Investitionen in Wasser, Wind und Solartechnologien. Die Implementierung der Atomenergie und des Erdgases als grüne Technologien würde die Taxonomie verwässern.
Obwohl es im Vorfeld kritische Stimmen auch innerhalb der Regierung zum Vorgehen Gewesslers gab, versichert die Umweltministerin, Bundeskanzler Nehammer unterstütze das Vorhaben.