Politik/Inland

EU-Projekte in Österreich: "Schlamperei war festzustellen"

Die Wirksamkeit von EU-Projekten für Bürger muss geprüft werden, fordert Herics.

KURIER: Herr Herics, verschwindet Geld in dunklen Kanälen?

Oskar Herics: Im Jahresbericht 2014 hat der Rechnungshof festgestellt, dass Zahlungen in einem Ausmaß fehlerhaft waren, dass er ein negatives Prüfurteil abgeben musste – wie auch schon für die Jahre davor. Die Fehlerquote lag bei 4,4 Prozent des EU-Budgets, das entspricht einer Größenordnung von 6,3 Milliarden Euro, die nicht im Einklang mit den EU-Vorschriften ausgegeben wurden. Das heißt aber nicht, dass die Gelder verschwunden sind.

Gibt es fehleranfällige Länder?

Es gibt kein Ranking. Für 2009 bis 2014 haben wir die Fehlerhäufigkeit bezogen auf die Mitgliedstaaten für die zwei wichtigsten Ausgabenbereiche Landwirtschaft und Regional- und Sozialfonds ausgewertet. Beide Bereiche decken rund 80 Prozent der Gesamtausgaben der EU ab.

Was ist das Ergebnis?

In Österreich gibt es die viel größeren Probleme bei den Regional- und Sozialfonds. In der Landwirtschaft ist es besser, hier lag die Fehleranzahl an den geprüften Transaktionen bei 39 Prozent, EU-Schnitt sind 47 Prozent. Anders bei den Regional- und Sozialfonds, der Fehleranteil lag bei 64 Prozent und damit über dem EU-Schnitt von 44 Prozent. Österreich hat hier Nachholbedarf.

Was macht Österreich falsch?

An der Verwaltung des Sozialfonds sind mehr als 20 Stellen beteiligt. Fördergenehmigung und Kontrolle wurden nicht akribisch genug durchgeführt, auch waren Nachlässigkeit und Schlamperei festzustellen. So wurde bei einem Projekt zur Integration Arbeitsloser in den Arbeitsmarkt zu viel ausbezahlt.

Was empfehlen Sie Österreich?

Österreich muss achten, EU-Vorschriften nicht zu duplizieren. Es gibt beispielsweise EU-Vergaberegeln, ein nationales Vergabegesetz und regionale Bestimmungen. Fördervergabestellen müssen alle Regelungen anwenden.

Arbeiten Sie mit nationalen Rechnungshöfen zusammen?

Wir müssen bei Prüfungen stärker kooperieren, 80 Prozent der EU-Ausgaben erfolgen in den Mitgliedsländern.

Welche Folgen hat der Brexit?

Der Wegfall eines Nettozahlers wird Folgen auf das EU-Budget haben (2014 zahlte UK elf Mrd., Anm.). Auch wir als Rechnungshof müssen Lehren aus dem Brexit ziehen.

Welche?

Wir müssen etwas gegen den Vertrauensverlust der Bürger in die EU machen. Die Wirkungen des Budgets auf arbeitslose Jugendliche oder auf investierende KMUs gehören stärker überprüft. In der EU-2020-Strategie gibt es viele Ziele: Bildung, Beschäftigung, Armutsbekämpfung, Klima. Wir haben uns 2015 angesehen, wie sich diese Ziele in Programmen und Projekten niederschlagen. Wir sind nicht fündig geworden. Die Kommission kann nicht nachweisen, ob Mittel für den Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit tatsächlich bei den Betroffenen ankommen.

Was soll sich ändern?

Wir müssen die Wirkungen von Förderungen transparenter machen. Wir haben darauf gedrängt, dass Mess-Indikatoren eingeführt werden, jetzt ist das verpflichtend. 2017 prüfen wir die Umsetzung von Passagierrechten, etwa bei Verspätungen von Flügen.