EU jagt Steuersünder und will neue Waffen
"Lux-Leaks" ist für Jean-Claude Juncker "ein Unwort". Die Enthüllungen, die Steuerdeals großer Unternehmen in Luxemburg während seiner Amtszeit als Finanzminister und Premier offenbarten, brachten den Kommissionspräsidenten unter Druck und vor einen Untersuchungsausschuss im EU-Parlament. Offiziell kann ihm nicht nachgewiesen werden, dass er umstrittene Steuerpraktiken beförderte oder internationale Konzerne wie Amazon oder Fiat angelockt hatte.
Jetzt macht Juncker, ein großer Taktiker, aus der Not eine Tugend. "Die Kommission setzt sich gegen Steuerbetrug ein." Vor Europa-Abgeordneten betonte er: "Zweifeln Sie nicht an unserem Willen." Und: "Gewinne müssen dort versteuert werden, wo sie ein Unternehmen erwirtschaftet."
Nach diesem Grundsatz gehen seit Herbst 2015 die beiden EU-Kommissare Margrethe Vestager (Wettbewerbspolitik) und Pierre Moscovici (Steuern, Wirtschaft und Finanzen) rigoros gegen Unternehmen vor, die Steuerschlupflöcher nützen oder sogar illegal handeln, um ihre Gewinne zu maximieren.
Kaum Steuern auf Gewinne
So hat die Kommission im Oktober Starbucks in den Niederlanden und eine Tochter des Fiat-Konzerns in Luxemburg zu je 30 Millionen Euro Nachzahlung wegen Steuervorteilen verdonnert. Die beiden Unternehmen haben Gewinne innerhalb der gleichen Gruppe von einer Firma zur anderen verlagert. Dazu Vestager: "Die Unternehmen zahlen beinahe gar keine Steuern auf erzielte Gewinne."
Im Kampf gegen Steuerflucht nimmt die Kommission auch McDonald’s in Luxemburg unter die Lupe. Im Visier haben die Wettbewerbshüter aber nicht nur das Großherzogtum, sondern auch andere Staaten, wie das Steuerparadies Irland, das Konzerne wie Amazon, Apple, Google und andere anlockt. Gegen Google laufen in der EU zwei Verfahren. In der Kommission heißt es entschlossen: "Alle EU-Mitglieder, auch Österreich, werden überprüft."
Monat für Monat gibt es neue Ergebnisse und Verfahren. Mitte Jänner wurde Belgien an den Pranger gestellt. "Only in Belgium" sei der Name für ein "illegales System von Steuervorteilen". 700 Millionen Euro haben 35 Multis, vorwiegend europäische, an Steuern hinterzogen, gab Vestager bekannt. Firmen-Namen wurde keine genannt, weil die Verfahren noch laufen, aber ein Bier-Riese solle darunter sein.
EU-Steuerpaket
Vor wenigen Tagen präsentierte Kommissar Moscovici einheitliche Regeln für ein faires Steuersystem in der EU. Das sollte es den Unternehmen künftig unmöglich machen, Steuern zu hinterziehen und dadurch den Wettbewerb zu verzerren. Bis zu 70 Milliarden Euro verlieren die EU-Staaten jährlich durch Steuertricks. Dazu Moscovici: "Das ist ein enormer wirtschaftlicher und auch sozialer Schaden."