Politik/Inland

EU-Gipfel: Kogler hätte es anders als Kurz gemacht

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hat sich von der Verhandlungslinie von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) beim EU-Gipfel zum Corona-Wiederaufbauplan distanziert. Er hätte das ursprüngliche "Mischungsverhältnis von Zuschüssen und Krediten so belassen", sagte Kogler am Donnerstag auf die Frage, was er beim Gipfel anders gemacht hätte.

Die Grünen hätten sich entlang des Vorschlags der EU-Kommission und der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und des französischen Präsidenten Emmanuel Macron eingeordnet, sagte Kogler in einer Online-Diskussion mit dem Vizepräsidenten der EU-Kommission, Frans Timmermans. Sowohl die EU-Kommission als auch der deutsch-französische Vorschlag hätten ein Volumen von 500 Milliarden Euro an Zuschüssen im "Next Generation EU" genannten Aufbaufonds vorgesehen. Die "sparsame" Nettozahler-Allianz von Österreich, den Niederlanden, Schweden, Dänemark und Finnland setzte beim Gipfel eine Reduktion der Zuschüsse auf 390 Milliarden Euro durch. 360 Milliarden Euro kommen als Kredite hinzu.

Kogler betonte, das Gipfelergebnis enthalte dennoch "sehr viel Grünes". Mit dem Regierungspartner hätten sich die Grünen darauf verständigt, dass es bei 30 Prozent Mittelbindung für die Ökologisierung bleibe. Obwohl in Österreich viel darüber geredet werde, dass es keine Schuldenunion geben dürfe, was auch eine semantische Frage sei, hätten die Grünen darauf bestanden, dass es bei den Finanzierungsinstrumenten bleibe. Für den Aufbaufonds nimmt die EU gemeinsam Schulden auf. Dies wäre bei einer FPÖ-Regierungsbeteiligung möglicherweise anders gekommen, sagte Kogler.

Timmermans sagte, es sei sehr positiv, dass der Gipfel nach sehr schwierigen Verhandlungen gemeinsame Lösungen gefunden habe. Damit könne die EU ein Zeichen setzen, dass sie die Coronakrise bekämpfe. Die Mittelbindung von 30 Prozent für Klimaschutzausgaben sei "ein Riesenfortschritt". Der Gipfel habe Rückschritte beim "Just Transition Fund" gebracht, der Regionen beim Übergang zum ökologischen Wirtschaften helfen soll, sagte Timmermans. Gegenüber dem Erstentwurf der EU-Kommission werde der "Just Transition Fund" aber immer noch verdoppelt.

Auch Kogler sagte, man müsse "den Wald und nicht nur die Bäume sehen". Es seien "weitreichende Schritte gelungen". Kogler begrüßte insbesondere die Möglichkeit der EU für weitere eigene Einnahmequellen, wie einer Plastikabfallabgabe, auch für eine grenzüberschreitende CO2-Abgabe und eine Digitalabgabe habe man "den Fuß in die Tür bekommen".

Sowohl Kogler als auch Timmermans erhoffen sich noch Verbesserungen durch Verhandlungen des Europaparlaments mit dem EU-Rat. Der Vizekanzler sagte, er hätte nichts dagegen, wenn das EU-Parlament "weitere Nachschärfungen" im Bereich Rechtsstaatlichkeit vornehme. Timmermanns kündigte Vorschläge der EU-Kommission zur Ausgestaltung des Rechtstaatlichkeitsmechanismus an. "Auch der Mitgliedstaat Österreich muss Klartext reden, wenn es um mehr Rechtsstaatlichkeit geht", so der EU-Kommissionsvize. Man dürfe Ungarns Premier Viktor Orban und dem mächtigen PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski "nicht freie Hand geben, dass sie machen können, was sie wollen". Dies wäre für die EU "existenzbedrohend".

Timmermans sagte, er erwarte vom Europaparlament grundsätzlich eine Unterstützung des Deals, aber in Teilbereichen noch Verbesserungen. Ob dies gelinge, hänge stark von der deutschen EU-Ratspräsidentschaft und Merkel ab.

Der niederländische Sozialdemokrat Timmermans kritisierte die Positionierung des liberalen niederländischen Premiers Mark Rutte beim Gipfel, der gemeinsam mit Kurz und den "Sparsamen" Kürzungen beim Aufbaufonds und nationale Budgetrabatte durchgesetzt hatte. "Ich hätte eine andere Einschätzung der eigenen Interesse der Niederlande. Ich finde es im Interesse von Ländern wie Österreich und der Niederlande, dass der Binnenmarkt gut funktioniert", sagte der EU-Kommissionsvize.