Politik/Inland

Südtiroler-Doppelpass: Eine türkis-blaue Idee voller Tücken

Wer schon mal FPÖ-TV gesehen hat, kennt die Landkarte. Im blauen FPÖ-TV-Logo hat Österreich da nicht die altbekannte Hendlhaxn-Form, sondern eine Ausbuchtung im Süden: Südtirol.

Eine Karte mit Symbolkraft. Schließlich drängt die FPÖ seit Jahren darauf, "unsere Landsleute südlich des Brenners" näher an Österreich heranzuholen – man will diesen Italienern die österreichische Staatsbürgerschaft zuerkennen. Mehrere parlamentarische Anträge gab es dazu, 2011 auch eine Bürgerinitiative; allein – es fand sich kein Unterstützer.

"Gute Chancen"

In der Ära Türkis-Blau soll der FP-Wunsch nun Wirklichkeit zu werden. Die Chance, dass es zum Doppelpass kommt, sei "gut", so die ÖVP – die Skepsis ist verflogen. Hintergrund dürfte nicht nur sein, dass man der FPÖ entgegenkommen will, auch aus Südtirol kommen deutliche Signale: Einige Abgeordnete der regierenden SVP wandten sich jetzt mit der Bitte um den Doppelpass an ÖVP und FPÖ; Landeshauptmann Arno Kompatscher, der den Wunsch vor Kurzem noch als "tolles Thema für Populisten" abtat, sieht in ihm jetzt eine "Herzensangelegenheit": Grund dafür dürfte Druck von rechts sein: Die Südtiroler Rechtspopulisten, Verfechter des Doppelpasses, gewinnen an Zulauf.

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Einfach würde eine Umsetzung aber nicht. Doppelpässe sind in Österreich untersagt; und obwohl der Nationalrat eine Neuregelung mit einfacher Mehrheit beschließen könnte, hat das Thema politische Tücken. Die Regierung in Rom, ohnehin keine Freundin der Autonomie, könnte das Gefühl bekommen, Österreich unterstütze Südtirol bei der Abspaltung. Und auch in Österreich drohen Zores: Neben einem "Dickicht an juristischen Fragen" – wie der doppelten Loyalität der Bürger oder dem Wahlrecht – hätte ein Beschluss "Beispielwirkung für andere Gruppen", sagt Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk. Man denke nur an die emotionale Debatte über die Doppelpässe türkischer Österreicher, die kürzlich geführt wurde – hier tut sich vor allem das heikle Thema der Ungleichbehandlung auf.

Rückgriff auf NS-Opfer-Passus

"Die genauen Bedingungen zu formulieren, wird schwierig", sagt Staatsbürgerschafts-Experte Gerd Valchars. Eine Möglichkeit, die Debatte über eine Vorzugsbehandlung zu umgehen, wäre eine ethnisch-historische Argumentation. Südtiroler, deren Vorfahren einen österreichischen Pass hatten, könnten um eine Zweit-Staatsbürgerschaft ansuchen. Rechtlich wäre das mit einem Rückgriff möglich – die FP will den bestehenden Passus für NS-Verfolgte, die ihre Staatsbürgerschaft reaktivieren können, erweitern.

Die generelle Frage bleibt aber, wie sinnvoll ein Südtiroler-Doppelpass in Zeiten der EU überhaupt ist – und ob das Anliegen nicht nur ein ideologisch gefärbtes ist. Valchars dazu: "Ich bin nicht so sicher, wie viele Südtiroler es gibt, die das überhaupt wollen."