Politik/Inland

"Despot ist nie privat": Harsche Kritik an Putin-Visite bei Kneissl

Ist er nun privat da? Als Zeichen der Zuneigung, der persönlichen Verbundenheit? Oder ist er doch mehr ein politischer Akt, der Besuch von Wladimir Putin?

Über diese Frage scheiden sich gerade die innenpolitischen Geister. Geht es nach dem Außenministerium, hat der Besuch des russischen Präsidenten keinerlei Einfluss auf die österreichische Außenpolitik. "Es ist in erster Linie eine private Feier und ein persönlicher Besuch und daraus ergibt sich keine Änderung der außenpolitischen Positionierung Österreichs", hieß es aus dem Ressort Kneissl. 

Was die Sicherheit angeht, so sei der Besuch jedoch als Arbeitsbesuch zu werten. Sprich: Die Kosten für die Sicherheit - hunderte Polizisten sollen am Samstag im Einsatz sein - trägt der Steuerzahler. Zur Einordnung: Der letzte Putin-Besuch in Wien vor zwei Monaten kostete rund 423.000 Euro.

Allerdings, beeilte man sich heute Außenministerium zu erwähnen, trage die russische Seite "ihre Kosten selbst". Ministerin Kneissl komme für die Kosten für die private Sicherheitsfirma auf ihrer Hochzeit auf. 

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"Schaden für Österreich"

Abseits der Kosten sorgt der Besuch Putins nun auch für harsche Kritik in der heimischen Politlandschaft. Der Grüne EU-Abgeordnete Michel Reimon forderte die Außenministerin am Donnerstag gar zum Rücktritt auf. "Ein Despot ist nie privat", teilte Reimon der APA am mit. Schwarz-Blau werde "als verlängerter Arm des russischen Regimes in der Europäischen Union wahrgenommen und verspielt die gute Reputation des Landes".

"Außenministerin Kneissl trägt dafür die Verantwortung und sollte, um diesen Schaden von Österreich abzuwenden, sofort zurücktreten. Tut sie das nicht freiwillig, sollte Bundeskanzler Kurz sie dem Bundespräsidenten (Alexander Van der Bellen, Anm.) noch heute zur Entlassung vorschlagen", forderte Reimon.

Der EU-Abgeordnete wies darauf hin, dass Kneissl die Außenministerin des aktuellen EU-Ratsvorsitzlandes sei und die Europäische Union wegen Putins Aggressionspolitik in der Ukraine Sanktionen verhängt habe.

Die Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses im ukrainischen Parlament, Hanna Hopko, hatte bereits am Mittwoch scharfe Kritik an der Hochzeitseinladung für Putin geübt. "Von nun an kann Österreich kein Vermittler in der Ukraine mehr sein", schrieb Hopko auf Twitter. Die Anwesenheit Putins bei der Hochzeit der österreichischen Außenministerin bezeichnete sie als "deutlichen Schlag gegen europäische Werte".
 

"Hochzeitsoberstleutnant Putin"

Selbst in Russland sorgt Putins Besuch übrigens für Verwunderung. "Der Besuch Putins bei der Hochzeit der österreichischen Ministerin kommt unerwartet", schrieb der russische Experte Wladimir Below vom Europainstitut der russischen Akademie der Wissenschaften in der unabhängigen Wirtschaftszeitung "RBK". Aber: "Er wird als freundliche Geste in Richtung Österreich wahrgenommen werden - nicht nur in Bezug auf die Ministerin, sondern auch in Bezug auf Regierungschef Sebastian Kurz. In anderen EU-Staaten wird der Besuch Putins bei der Zeremonie jedoch negativ aufgenommen werden"

Und weiter: "Im Zugang des Kreml gibt es keine offensichtliche Ideologie, lediglich den Drang zu Chaos und Destabilisierung. Aber die Reise des 'Hochzeitsoberstleutnants' nach Österreich beweist, dass Putin sein Herz ausgerechnet europäischen Rechtsaußenpolitikern verschrieben hat, jenen, gegen deren Gesinnungsgenossen (im Großen Vaterländischen Krieg 1941-1945, Anm.) die 'Großväter' Krieg führten", kritisierte der Kiewer Publizist Witali Portnikow im oppositionellen russischen Online-Medium "grani.ru".