Politik/Inland

Der Weihnachtsmann-Politik geht es an den Kragen

Umweltfreundliche Veranstaltungen sind dem Land Salzburg einiges wert. Wer etwa einen Weihnachtsmarkt oder andere Feste im öffentlichen Raum organisiert und dabei auf die Nachhaltigkeit achtet, kann 400 Euro Basisförderung beantragen. Dafür müssen Mindestkritierien wie Abfalltrennung, regionale Speisenangebote und die Verwendung von Mehrweggeschirr erfüllt werden. Bis zu 200 Euro zusätzlich gibt es für Bonuspunkte, die man mit Bio-Essen und Getränken, wiederverwendbarer Dekoration oder der aktiven Bewerbung einer autofreien Anreise sammeln kann.

Österreich verteilt die Subventionen großzügig, fast so wie der Weihnachtsmann seine Geschenke. 18 Milliarden Euro an Förderungen wurden im Vorjahr von Bund, Ländern und Gemeinden ausbezahlt, das sind 6,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). EU-Durchschnitt waren 3,3 Prozent. Dabei sind die indirekten Förderungen wie Steuererleichterungen und Transferszahlungen (etwa Familienbeihilfe und Kindergeld) in den 18 Milliarden noch gar nicht enthalten. Dafür aber große Brocken wie die Abgangsdeckung für ÖBB und Spitäler.

Kein Wunder, dass die Förderungen bei der aktuellen Spardebatte ganz oben auf der Liste stehen.

Wir sind nicht nur Förder-Europameister, sondern auch besonders erfinderisch bei den Förderobjekten, vor allem im regionalen Bereich. So unterstützte das Land Oberösterreich im Vorjahr einen Arbeitskreis für Klein- und Flurdenkmalforschung mit rund 21.000 Euro. Wollen sich die Mitglieder von Sportvereinen sportärztlich untersuchen lassen, übernimmt das Land 50 Prozent der Kosten.

Niederösterreich gibt sich ebenfalls umweltbewusst, schon bei den Kleinsten. Die Mehrwegwindelförderung beträgt mindestens 95 Euro, in manchen Gemeinden auch deutlich mehr. Zusätzlich zu den Förderinformationen erhalten die Eltern nützliche Tipps, wie viele Stoffwindeln und Windelhosen sie brauchen, wie oft man wickeln muss - und wie viele Waschmaschinen-Füllungen das ergibt.

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Wer ein Unternehmen führt oder gründen will, ist gut beraten, sich beraten zu lassen. Anders findet man sich im Förderdschungel nicht zurecht. Allein im Großraum Wien gibt es über 90 verschiedene Fördermöglichkeiten für Firmen.

Ähnliches gilt für Häuslbauer und Wohnungsbesitzer. Auch bei der Wohnbauförderung sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt. Neben der Förderung für einbruchshemmende Türen und Niedrigenergiehäuser gibt es Zuschläge für "Super"-Niedrigenergiehäuser (Steiermark).

Der Unterstand für die Zwerge beim traditionellen Umzug des Riesen Samson in Salzburg fällt zwar nicht unter die Wohnbauförderung. Gefördert wurde der spezielle Bau dennoch.

Auf diese Kuriosität ist der WIFO- Subventions-Experte Hans Pitlik bei der Analyse des Fördersystems gestoßen. Pitlik ortet viel Reformbedarf und sieht großes Einsparungspotenzial. "Kurzfristig müssten da schon fünf bis zehn Prozent möglich sein, die gekürzt werden können", sagt Pitlik. Langfristig seien 30 bis 50 Prozent möglich.

Vor zwei Jahren nahm die Arbeitsgruppe "Verwaltung Neu" mit Experten von WIFO, IHS und Rechnungshof die Förderkultur in Österreich unter die Lupe. Das wenig schmeichelhafte Resultat: Es fehlen vielfach konkrete politische Vorgaben und Förderungsziele. Die Koordination und Abstimmung der verschiedenen Förderungsmaßnahmen auf alle Gebietskörperschaften ist mangelhaft.

Übersetzt heißt das: Die Förderkultur scheint sich nicht ausschließlich danach zu richten, was sinnvoll, notwendig und zweckmäßig ist. Und einmal mehr ist das schwierige Verhältnis zwischen Bund und Ländern mitverantwortlich dafür, dass viel Geld unkontrolliert verschwindet.

Denn Doppelförderungen sind so durchaus möglich. Wer sich Geld aus Subventionstöpfen holen will, kann mithilfe von Subventionsberatern genau recherchieren und mehrere Stellen anzapfen.

Pitlik sieht darin eines der Hauptprobleme: "Man kann zwar erheben, was die Gebietskörperschaften ausgeben, die Gesamtsummen sind bekannt. Man kennt aber die einzelnen Empfänger nicht."

Der Rechnungshof hat sich wiederholt mit dieser Problematik beschäftigt und etwa bei den Familienförderungen Erstaunliches zutage gefördert: Für insgesamt 117 Familienleistungen sind sieben Ressorts und in den Ländern jeweils mehrere Abteilungen der Ämter der Landesregierung zuständig. Eine echte Abstimmung zwischen den Gebietskörperschaften gibt es nicht. Eine Übersicht, welche Leistungen in welcher Höhe eine Familie insgesamt bezogen hat, schon gar nicht. Dadurch kommt es zu doppelten Zahlungen und Überlappungen.

Bei der Sportförderung wird kritisiert, dass ein Gutteil der Gelder in der Administration verschwindet.

Den großen Bereich Landwirtschafsförderung hat in letzter Zeit die SPÖ wiederholt kritisiert. Da der Großteil von der EU mitfinanziert wird, wird die geplante EU-Agrarreform hier automatisch für Kürzungen sorgen.

Das Familienministerium versucht zumindest, einen Durchblick durch den Förderdschungel zu bekommen. Derzeit wird an einer Datenbank gearbeitet, in der alle familienbezogenen Förderungen von Bund und Ländern gesammelt werden. Noch haben die Länder nicht alles gemeldet.

Auch die vor zwei Jahren vom damaligen Vizekanzler Josef Pröll angekündigte Transparenzdatenbank, in der Transferszahlungen und Förderungen an jeden Einzelnen aufgelistet sein sollen, gibt es immer noch nicht. Seit Kurzem steht zumindest ein Zeitplan: Mitte 2012 sollen Mindestsicherung und Forschungsförderung transparent sein. Bis 2014 sollen die Förderungen im Bereich Sport, Familien und Tourismus folgen.

Für neuen Schwung in der politischen Förderdebatte sorgt jetzt die Schuldenbremse. Geplant ist eine eigene Förder-Konferenz mit Ländern und Gemeinden. Die soll - Überraschung - die Wirkung von Förderungen überprüfen und Doppel- sowie Mehrfachförderungen aufstöbern.