"Der Bundespräsident kann nicht den Wählerwillen überrollen"
Von Daniela Kittner
"Was soll denn das heißen, eine Regierung nicht angeloben zu wollen?" Der Hofburg-Kandidat der SPÖ, Rudolf Hundstorfer, reagiert echauffiert auf die Aussagen seiner Mitbewerber.
Der KURIER hatte am Mittwoch von einem Salongespräch berichtet, bei dem Irmgard Griss, Alexander Van der Bellen und Andreas Khol je einen Fall nannten, in dem sie als Bundespräsident eine Regierung/einen Kanzler nicht angeloben oder entlassen würden. Griss sagte, sie würde die Machtfülle des Präsidentenamts einsetzen, um Stillstand abzustellen und Reformen zu erzwingen. Van der Bellen sagte, für ihn wäre Europafeindlichkeit ein Grund, eine Regierung abzulehnen und Neuwahlen herbeizuführen. Für Andreas Khol wäre eine Regierung wie die polnische, die mit dem Aushebeln des Verfassungsgerichtshofs das Ende der Demokratie einläutet, der Casus belli.
Abrüstung
Hundstorfer fordert seine Mitbewerber auf, "mit dem Überdramatisieren aufzuhören". Dass es für das Aushebeln des Verfassungsgerichtshofs im heimischen Nationalrat die erforderliche Mehrheit geben könnte, hält Hundstorfer für ein wenig realistisches Beispiel: "Ich ersuche um eine Abrüstung der Worte."
Generell ist Hundstorfer "ganz anderer Meinung" als seine drei Mitbewerber: "Der Bundespräsident kann nicht als Einzelperson den Mehrheitswillen überrollen. Wenn der Wählerwille eine Mehrheit für eine stabile Regierung ergibt, muss ich das akzeptieren, ob mir das politisch gefällt oder nicht. Der Bundespräsident kann doch nicht nach seiner persönlichen Befindlichkeit einer Regierung die Angelobung verweigern und Neuwahlen herbeiführen. Das würde direkt in eine Verfassungskrise führen."
"Selbstverständlich" müsse ein Bundespräsident danach trachten, Stillstand aufzulösen und auf eine einheitliche Regierungslinie drängen. Hundstorfer: "Heinz Fischer tut das auch. Er hat gerade wieder die halbe Regierung zu sich geholt."
Griss soll nicht antreten
Auch solle ein Bundespräsident alles tun, um europafeindliche oder demokratiefeindliche Beschlüsse zu verhindern. Etwa, indem er intensiv auf die Entscheidungsträger einwirkt. Hundstorfer: "Aber wenn 80 Prozent des Parlaments einer bestimmten Meinung sind, kann sich auch der Bundespräsident nicht darüber hinwegsetzen." Auf die Aussage von Griss, sie würde zurücktreten, wenn sie eine Regierung angeloben müsste, die sie nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren könnte (in dem Salongespräch nannte sie den Fall Deutschland 1933, Hitler/Hindenburg), antwortet Hundstorfer: "Dann soll Frau Griss besser gar nicht kandidieren."
Zur Pensionsdebatte sagt Hundstorfer: "Ich habe mich immer für unser Pensionssystem eingesetzt, und ich werde mich auch als Bundespräsident zu Wort melden, sollte dieses System infrage gestellt werden."