Politik/Inland

"Der Bund ist nicht juristisch, jedoch politisch mitverantwortlich"

Aus der Sicht von Finanzminister Hans Jörg Schelling bleibt alles wie gehabt. "Der Bund haftet nicht für die Länder. Der Bund hat 2004 nicht der Übernahme der Haftungen zugestimmt": So reagiert das Finanzministerium auf den KURIER-Bericht vom Sonntag, wonach Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider das Kärntner Haftungsgesetz der Bundesregierung zur Genehmigung vorgelegt hatte. Damals, im Jahr 2004, äußerten das Justiz- und das Finanzministerium "keine Bedenken", dass das Kärntner Gesetz "Bundesinteressen gefährden" könnte. Infolge ließ Kanzler Wolfgang Schüssel das Haftungsgesetz vom Ministerrat absegnen.

"Bund stimmte zu"

Aus der Sicht von Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser ändert sich die Sachlage sehr wohl. Es zeige sich, dass es sich nicht um einen "Alleingang" Kärntens gehandelt habe, sondern dass der Bund "den Wortlaut des Gesetzes kannte und zustimmte". Das ändere die politische Bewertung. Kaiser: "In der politisch-moralischen Bewertung ist es so, dass man sicher nicht mehr sagen kann, es war ausschließlich eine Sache des Bundeslandes Kärnten."

Kärntens Regierungsmitglieder werden heute, Dienstagfrüh, über weitere Schritte beraten.

Hintergrund der Auseinandersetzung: Es ist – insbesondere nach der jüngsten Verfassungsgerichtshoferkenntnis – ziemlich klar, dass die Steuerzahler für jene Hypo-Anleihen, für die es eine öffentliche Haftung gibt, werden zahlen müssen. Kärnten fehlt jedoch das Geld, und Finanzminister Schelling will nicht einspringen.

Was sagen Experten zu dem Fall?

Haber warnt vor Pleite

Der Ökonom Gottfried Haber meint, juristisch lasse sich aus der Tatsache, dass die Regierung 2004 den Kärnten-Haftungen zustimmte, keine formale Bundeshaftung ableiten. Aber, so Haber: "Faktisch ist es nicht möglich, dass der Bund ein Bundesland pleite gehen lässt. Der Kollateralschaden wäre viel zu groß. Die Bonität des gesamten Sektors Staat würde in Mitleidenschaft gezogen."

Vertrauen in den Rechtsstaat – dass staatliche Ausfallsbürgschaften verlässlich sind – sei enorm wichtig, damit Unternehmen am Wirtschaftsstandort Österreich investieren.

Funk: "Baustelle"

Der Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk sagte im ORF-Mittagsjournal ebenfalls, dass es keine formaljuristische Haftung des Bundes gebe. Doch wie Haber ist Funk der Meinung: "Es ist nicht vorstellbar, dass der Bund ein Land im Regen stehen lässt. Das ist politisch und finanzpolitisch nicht vorstellbar." Eine mögliche "politische Mitverantwortung" des Bundes für die exorbitanten Kärntner Landeshaftungen sieht Funk schon. So habe die Bundesregierung im Jahr 2004, als sie das Kärntner Landeshaftungsgesetz begutachtete, Bedenken hinsichtlich der "Verfassungsmäßigkeit und der Vereinbarkeit mit dem Europarecht nicht beachtet".

Funk übt heftige Kritik, dass die Schwachstellen im "föderalen Gebäude" nicht endlich beseitigt werden: "Der Föderalismus ist eine einzige große Baustelle."

Kodek: Keine Haftung

Wirtschaftsjurist Georg Kodek – er berät auch die Kärntner Landesregierung – meint ebenfalls, das (frühere) Einspruchsrecht des Bundes ziehe noch keine Haftung nach sich. Die politische Bewertung sehe jedoch anders aus: "Je mehr maßgebliche Leute das Gesetz kannten, umso schwerer wird es im Nachhinein zu sagen, niemand hätte etwas gewusst." Kodek sagt, dass es eine "Verhandlungslösung" zwischen allen Beteiligten – Kärnten, den Hypo-Gläubigern und dem Bund – wird geben müssen.