Demokratiepaket schrumpft
Von Daniela Kittner
Wir sparen auch bei der Politik – so lautete ein Versprechen der Regierung im Zuge des Sparpakets zu Jahresbeginn. Wir werden die Bürger mehr einbinden – so lautete ein Versprechen der Politik angesichts steigenden Demokratiefrusts.
Was ist aus den Versprechen geworden? Außer, dass zwei Arbeitsgruppen eingerichtet wurden? Der KURIER begab sich auf Spurensuche.
Aus der Verkleinerung von Nationalrat und Bundesrat dürfte nichts werden. Der Frust unter Regierungsmitgliedern darüber ist groß, aber sie können sich in ihren eigenen Parlamentsklubs nicht durchsetzen. Und die Opposition von Blau bis Grün will sowieso nicht auf ihre Sessel verzichten.
Derzeit wird die heiße Kartoffel herumgereicht. Die Regierungs-Arbeitsgruppe – bestehend aus Johanna Mikl-Leitner, Sebastian Kurz und Karlheinz Kopf auf ÖVP-Seite sowie Rudolf Hundstorfer, Josef Ostermayer und Josef Cap auf SPÖ-Seite, beschäftigt sich mit der Verkleinerung des Parlaments gar nicht. Denn es wird von den Parlamentariern als Affront betrachtet, wenn Minister über die Größe ihres Kontrollorgans nachdenken.
Also warten die Minister auf diesbezügliche Vorschläge der Parlaments-Arbeitsgruppe, die unter dem Vorsitz von Präsidentin Barbara Prammer tagt. Da sich die Parlamentarier aber nicht verkleinern wollen, kommen von dort keine Vorschläge. Die Hängepartie ist perfekt.
Auch der unnötige Bundesrat dürfte in derzeitiger Form bestehen bleiben, obwohl mehrere Minister dem KURIER sagen, sie hätten gern, wenn der Bundesrat künftig von Landtagsabgeordneten beschickt würde (wodurch man sich die Bezüge für mehr als 60 Bundesräte ersparen würde).
Bürgerbeteiligung
Fortschritte gibt es bei der Bürgerbeteiligung. Die Regierungsarbeitsgruppe hat sich auf eine Aufwertung von Volksbegehren geeinigt.
Voraussetzung dafür ist ein zentrales, bundesweites Wählerregister. Das ist EDV-technisch ein Monster projekt, soll aber mit 1. Jänner 2014 in Betrieb sein. Sobald es das zentrale Wählerregister gibt, soll das Sammeln von 8000 Unterstützungsunterschriften für die Einleitung eines Volksbegehrens insofern massiv erleichtert werden, als man die Unterschrift per Computer leisten kann. Das Pilgern aufs Amt entfällt. Die SPÖ will, dass man dann auch das Volksbegehren selbst, wenn es genehmigt ist und in der Eintragungswoche zum Unterschreiben aufliegt, elektronisch per Handysignatur unterstützen kann, die ÖVP ist noch skeptisch.
Fix ist auch, dass Volksbegehren nicht mehr schubladisiert werden können. Es wird einen gesetzlich vorgeschriebenen parlamentarischen Prozess geben mit dem Ziel, dass der Gesetzgeber die Bürgeranliegen möglichst weitgehend umsetzt (Sondersitzungen des Nationalrats, Rederecht für die Volksbegehrensbetreiber, öffentliche Verhandlungen über Kompromisse etc.).
Einen Automatismus, wonach Volksbegehren mit etwa 700.000 Unterschriften automatisch zu Volksabstimmungen führen, womit der Gesetzgeber ausgeschaltet würde, dürfte es nicht geben. Die Gegenargumente wiegen zu schwer: Man müsste zu viele Themen ausnehmen (Lehrerarbeitszeit, Kammerbeiträge, Steuern, Grundrechte usw.), über die die Bürger nicht abstimmen dürften. Die ÖVP drängt aber darauf, dass man wenigstens eine Volksbefragung einführt, sollten sich Parlament und Volksbegehrens-Initiatoren nicht auf die Umsetzung eines Anliegens einigen können. Die SPÖ steht hier auf der Bremse, aber auch in der ÖVP gibt es großen Widerstand gegen Plebiszite (etwa bei den Sozialpartnern).
Fix ist auch, dass das Persönlichkeitswahlrecht ausgebaut wird.
Die Regierungsarbeitsgruppe hat sich darauf geeinigt, dass die Wähler künftig die von den Parteien gereihten Listen leichter umwerfen können. Derzeit müssen auf einen Wahlkreis-Kandidaten 17 Prozent der Parteistimmen entfallen, damit er vorgereiht wird. Diese Grenze soll auf zehn oder acht Prozent sinken. Eine Neuerung wird, dass man künftig auch Vorzugsstimmen auf der Bundesliste vergeben kann. Das gab es bisher nie. Darauf drängt die ÖVP, die SPÖ bremst.
Dass die Bürger die Kandidaten umreihen können, stößt bei den Platzhirschen unter den Abgeordneten auf wenig Gegenliebe – denn dann müssen sie im Wahlkampf laufen und können sich nicht mehr auf den Fixplatz, den sie in der Parteihierarchie ersitzen, verlassen.
Genau aus diesem Grund haben die Parteioberen Interesse an Vorzugsstimmenwahlkämpfen – damit die unteren Chargen auch um Stimmen werben und nicht nur zuschauen, wie sich die Spitzenkandidaten abstrudeln. Die ÖVP will, dass das neue Vorzugsstimmensystem schon bei der Nationalratswahl 2013 gilt, die SPÖ bremst.
Fix ist die „Bürgeranfrage“, eine ÖVP-Idee, der die SPÖ zustimmen wird. Einige Tausend Bürger können – elektronisch – eine Bürgeranfrage an einen Minister unterstützen. Der Minister muss diese Anfrage in öffentlicher Parlamentssitzung behandeln.