Datencheck positiv: Zentralmatura findet doch statt
Von Ute Brühl
Schüler, Eltern und Lehrer atmen auf: Die Zentralmatura findet wie geplant Anfang Mai statt. Das hat Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek am Freitag bekannt gegeben: "Der TÜV Austria hat bestätigt, dass es kein erhöhtes Sicherheitsrisiko für die Matura beim Bildungsforschungsinstitut bifie gibt." Für die 400 Standorte, die die neue Reifeprüfung bereits heuer machen wollen, heißt das, dass sie wie geplant die Prüfungsfragen vom bifie zugestellt bekommen.
Das war vor einem Monat noch unklar. Ende Februar wurde ein Datenleck beim bifie entdeckt. Die Ministerin hatte damals reagiert und sämtliche Tests, die das bifie durchführt, abgesagt und auch die Zentralmatura infrage gestellt (siehe Bericht rechts).
Unsicherheit
Diese Ungewissheit strapazierte die Nerven der Schüler so kurz vor der entscheidenden Prüfung immens. Denn schon in fünf Wochen wird es für sie ernst. Ein Maturant der AHS Feldgasse Wien erzählt, wie es ihm geht: "Wir haben bereits eine Probeschularbeit gemacht, die vom bifie gestellt wurde. Sie war ein Testlauf für die Matura und war einfacher als die Aufgaben, die von unserem Lehrer kamen. Ich wäre sehr enttäuscht gewesen, wenn die Zentralmatura abgesagt worden wäre."
Dass nun alles beim Alten bleibt, wird von Schüler-, Lehrer- und Elternvertretern begrüßt. Schließlich sind mehr als 90 Prozent der AHS-Standorte davon betroffen. Sie setzen in mindestens einem der Fächer Deutsch, Mathematik oder eine lebende Fremdsprache (meist Englisch) bifie-Aufgaben ein. Nur zwei private Gymnasien treten heuer zur kompletten Zentralmatura an.
Kritik an der Bildungsministerin kommt vom Grünen Bildungssprecher Harald Walser: "Sie hat mit ihrer Panikmache um die möglichen Datenunsicherheit viel Schaden angerichtet." Von der ÖVP kommt zwar ein Lob für das Ja zur Zentralmatura. Bildungssprecherin Brigitte Jank fordert jedoch, "dass die Matura-Ergebnisse begleitend evaluiert werden."
Mit Frühjahr 2015 startet an den AHS und 2016 an den berufsbildenden höheren Schulen (BHS) verpflichtend die schriftliche Zentralmatura: Dabei müssen alle Maturanten am selben Tag idente, zentral vorgegebene Aufgaben lösen. Korrigiert werden diese aber vom jeweiligen Klassenlehrer nach einem standardisierten Raster. Grundidee: Es sollen Kompetenzen statt kurzfristigem Detailwissen getestet werden.
In den vergangenen Jahren haben aber bereits über 90 Prozent der AHS in mindestens einem Fach (meist Englisch) die Zentralmatura geübt, indem sie in Schulversuchen die vom Bundesinstitut für Bildungsforschung (Bifie) entwickelten Aufgaben eingesetzt haben. Auch heuer sind fast alle AHS beim letzten Probelauf wieder dabei.
Im Endausbau sieht die zentral vorgegebene schriftliche Matura so aus: Die Schülerinnen und Schüler müssen zwischen drei oder vier schriftlichen Prüfungen wählen. An den AHS sind Deutsch, Mathematik und eine lebende Fremdsprache (Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch) Pflicht, die vierte Klausur kann eine weitere Fremdsprache, Darstellende Geometrie, Physik oder Biologie sein. An den BHS müssen alle Schüler drei Klausuren aus den Gegenständen Deutsch, Englisch, angewandte Mathematik, lebende Fremdsprache oder Fachtheorie schreiben.
Neben der Zentralmatura besteht die neue "Standardisierte kompetenzorientierte Reife- und Diplomprüfung" aus zwei weiteren Säulen, die ebenfalls 2015 (AHS) bzw. 2016 (BHS) verpflichtend starten. Schon im Vorfeld muss eine 40.000 bis 60.000 Zeichen lange "Vorwissenschaftliche Arbeit" verfasst und vor einer Kommission präsentiert werden. Je nach Zahl der schriftlichen Klausuren müssen außerdem zwei bzw. drei mündliche Prüfungen abgelegt werden. Dafür stellen die Fachlehrer der Schule für jeden Gegenstand mindestens drei und maximal 24 Themen zusammen.
Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek ist am 18. März im Nationalrat angetreten, den von ihr verfügten Stopp diverser Bildungstests zu verteidigen. Die Ressortchefin wandte sich in der Beantwortung der Dringlichen Anfrage der Grünen dagegen, ein "riesengroßes Datenproblem kleinzureden" und schilderte ihr Vorgehen als "rasch und verantwortungsvoll".
Der Grüne Bildungssprecher Harald Walser hatte in der Begründung der "Dringlichen" einmal mehr seine Zweifel geäußert, ob das Aussetzen von PISA, TIMMS und Bildungsstandards wirklich aus Datenschutzgründen notwendig ist. Anstatt Probleme zu lindern, habe die Ministerin "Öl ins Feuer gegossen und die Angelegenheit viel zu stark dramatisiert".
Frage der Befugnis
Dabei brauche es dringend Vergleichsdaten, um abzuklären, was im österreichischen Bildungssystems nicht funktioniere, findet Walser. Er hat auch Zweifel, dass Heinisch-Hosek das BIFIE anweisen konnte, die Tests nicht durchzuführen. Experten sagten, dass die Ministerin dazu gar nicht befugt sei.
Heinisch-Hosek musste dann auch bei der Beantwortung der Fragen zugestehen, dass der Aufsichtsrat des BIFIE einstimmig beschlossen habe, dass die Tests weiterzuführen seien. Die Ministerin verwies jedoch darauf, dass der entsprechende Beschluss nur unter der Voraussetzung gefällt wurde, dass die Datensicherheit gewährleistet sei.
Betont wurde von der Ressortchefin einmal mehr, dass es beim Test-Stopp nur um die Datensicherheit gehe. Sparmaßnahmen im Budget des Ministeriums hätten hier keine Rolle gespielt, versicherte Heinisch-Hosek auf eine entsprechende Frage. Ungeachtet dessen blieb sie dabei, dass in nächster Zeit evaluiert werde, an welchen Testungen man insgesamt festhalten werde.
Kein schlüssiges Konzept
Abgelehnt wird von der Ministerin weiter der Plan Oberösterreichs, autonom an der PISA-Studie teilzunehmen. Dies wäre nicht für ganz Österreich repräsentativ. Zudem liege kein schlüssiges Konzept des Landes vor. Einen Umstieg zurück auf einen Test mit Bleistift und Papier lehnte Heinisch-Hosek ab. Schon unter ihrer Vorgängerin habe man sich entschieden, auf computerbasierte Prüfungen umzusteigen.
Eher schwammig antwortete Heinisch-Hosek auf Fragen, in welcher Form sie in Kontakt mit der OECD in Zusammenhang mit PISA sei. Jedenfalls gab es ihren Angaben zufolge Gespräche mit den zuständigen Stellen. Zur Aufklärung des "Kriminalfalls" rund um die offen gelegten Schülerdaten konnte Heinisch-Hosek mangels Zuständigkeit keine Auskunft geben.