Coronagesetze: So regelt Entwurf Betretungsverbot - Maßnahmen enden 2021
Das von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) Montag vorgelegte neue Covid-Maßnahmengesetz bietet die Grundlage für die Ampelregelung sowie für eine weitgehende Ausgangssperre. Letztere müsste Anschober vom Hauptausschuss des Nationalrats genehmigen lassen. Auch weniger weitreichende Betretungsverbote in Unternehmen und an öffentlichen Orten müssen durch den Hauptausschuss.
In Kraft treten sollen die neuen Regeln mit dem der Kundmachung im Bundesgesetzblatt folgenden Tag. Befristet sind sie bis Ende 2021. Der Entwurf wurde in der Nacht auf Montag der Opposition übermittelt und liegt der APA vor. Mit dem neuen Entwurf reagiert Anschober auf die massive Kritik, die sein erster Vorschlag in der Begutachtung im Sommer ausgelöst hatte. Unter anderem hatte die Rechtsanwaltskammer kritisiert, dass bei Betretungsverboten nur zwischen "bestimmten Orten" und "öffentlichen Orten" unterschieden wird. Dies wird im neuen Entwurf nun deutlich genauer geregelt. Damit hofft das Gesundheitsministerium, künftige Ausgangsbeschränkungen rechtlich wasserdicht verfügen zu können. Die im ersten "Lockdown" verhängten Verordnungen waren vom Verfassungsgerichtshof nämlich im Juli aufgehoben worden, weil sie nicht dem Gesetz entsprachen.
Im neuen Entwurf gestrichen hat Anschober einen besonders umstrittenen Punkt. Ursprünglich sollten "Betriebe, Veranstalter und Vereine" verpflichtet werden, personenbezogene Kontaktdaten von Gästen, Besuchern, Kunden und Mitarbeitern 28 Tage aufzubewahren. Dies findet sich im neuen Entwurf nicht mehr.
Geplant ist nun nur noch die Verpflichtung, Daten über grenzüberschreitende Reisen auf Verlangen dem Gesundheitsministerium zur Verfügung zu stellen. Explizit angesprochen werden etwa Hotels, Fluglinien und die Bahn. Eine Pflicht zur Datensammlung ergibt sich daraus aber nicht, heißt es dazu in den Erläuterungen. Vielmehr zielt die Regelung nur auf Daten, die ohnehin zur Verfügung stehen.
BETRETUNGSVERBOTE: Das neue Covid-Maßnahmengesetz soll nun eigene Regeln für Betretungsverbote (inklusive das "Verweilen") in Betriebsstätten, Arbeitsorten und Verkehrsmitteln sowie an sonstigen öffentlichen Orten enthalten. Explizit ausgenommen ist nur der private Wohnbereich. Für private Wohnungen und Häuser (inklusive Gärten, Keller, Garagen, etc.) kann die Regierung also auch künftig keine Einschränkungen erlassen. Sehr wohl sollen aber Einschränkungen in privaten Räumlichkeiten möglich sein, die nicht für Wohnzwecke angemietet wurden. Dazu zählen auch Vereinslokale und Sportstätten, wie es in den Erläuterungen heißt.
AUSGANGSSPERRE: Sollten diese Maßnahmen nicht ausreichen, um Covid-19 einzudämmen und ein Zusammenbruch der medizinischen Versorgung drohen, dann soll es die Möglichkeit einer weitgehenden Ausgangssperre ("Ausgangsregelung") geben. In Abstimmung mit dem Hauptausschuss des Nationalrats könnte Anschober dann verfügen, "dass das Verlassen des privaten Wohnbereichs nur zu bestimmten Zwecken zulässig ist". Eine ähnliche Regelung hatte die Regierung schon im ersten "Lockdown" erlassen, sie war aber rechtswidrig. Nun werden die fünf Ausnahmen gesetzlich geregelt: Die Wohnung verlassen darf man im Fall einer Ausgangssperre nur noch zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr, zur Betreuung unterstützungsbedürftiger Personen, zur Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens, für berufliche Zwecke und zum Aufenthalt im Freien zur "körperlichen und psychischen Erholung". Dies allerdings nur, wenn die Einhaltung der geltenden Auflagen (Abstandsregel, Maskenpflicht) sichergestellt ist.
KONTROLLE & STRAFEN: Umfangreiche Rechte erhalten Bezirkshauptmannschaften und Magistrate: sie dürfen die Einhaltung der Auflagen vor Ort kontrollieren und müssen dazu Zugang zu den Räumlichkeiten und den entsprechenden Unterlagen erhalten. Bei Verstößen drohen Strafen bis zu 1.450 Euro bzw. 30.000 Euro für Unternehmer, die gegen Auflagen verstoßen. Von Kontrollen explizit ausgenommen ist der private Wohnbereich.
AMPEL & KOMMISSION: Ebenfalls gesetzlich verankert wird das "Ampelsystem" und die Corona-Kommission. Letztere ist - außer bei Gefahr in Verzug - vor Erlass einer Verordnung anzuhören. Welche Kriterien bei der Bewertung der epidemiologischen Situation herangezogen werden sollen, steht ebenfalls im Gesetz: neu auftretende Fälle, die Clusteranalyse (also die Frage, in wie vielen Fällen die Infektionsquelle geklärt wurde), die Auslastung der Krankenhäuser, der Anteil der positiven an allen Tests sowie regionale Besonderheiten wie Tourismus- und Pendlerströme.
- Gegenüber dem Erstentwurf unverändert bestehen bleibt die sogenannte "Kaskadenregelung" für Maßnahmen gegen Epidemien. Um einen bundesweiten Lockdown zu verhindern, sollen regional differenzierte Maßnahmen möglich sein, heißt es in den Erläuterungen dazu: für bundesweite Verordnungen ist Gesundheitsminister Anschober zuständig, für landesweite Maßnahmen die Landeshauptleute und für Einschränkungen im Bezirk die Bezirkshauptmannschaften und Magistrate. Regional unterschiedliche Maßnahmen sind zulässig (also z.B. schärfere Eingriffe in einzelnen Gemeinden eines Bezirks). Und alle Maßnahmen sind vor ihrem Inkrafttreten dem Gesundheitsminister zu melden.
SCHULSCREENING: Änderungen gibt es auch im Epidemiegesetz: So darf Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) künftig (im Einvernehmen mit Anschober) Corona-Screeningprogramme in Schulen durchführen lassen.
QUARANTÄNE: Wer an einer "anzeigepflichtigen Krankheit" leidet, kann laut Epidemiegesetz schon jetzt unter Quarantäne gestellt werden. Derzeit muss jede Quarantäne dem zuständigen Bezirksgericht gemeldet werden. Künftig werden die Gerichten nur noch informiert, wenn die Quarantäne länger als zehn Tage dauert. Damit dürften die meisten Corona-Quarantänefälle nicht mehr bei Gericht landen. Ursprünglich wollte Anschober die Meldefrist überhaupt auf vier Wochen ausweiten, hat diese Frist im aktuellen Entwurf aber verkürzt. Die Richter müssen länger dauernde Anhaltungen weiterhin alle drei Monate überprüfen.
VERANSTALTUNGEN: Für Veranstaltungen mit "größeren Menschenmengen" gelten leicht geänderte Regeln: diese sind entweder unter Einhaltung bestimmter Auflagen zu bewilligen oder zu untersagen. Unter anderem müssen die Veranstalter dabei ein "Präventionskonzept" zur Minimierung des Infektionsrisikos vorlegen. Die Bezirkshauptmannschaften und Magistrate dürfen die Einhaltung der Auflagen kontrollieren. Welche Mitwirkungspflichten die Veranstalter dabei erfüllen müssen, wird nun klarer geregelt (u.a. Besichtigung des Veranstaltungsorts und Einblick in Unterlagen).