BVT-Causa: Nächste Justizpanne bei Ermittlungen gegen Gridling
Die Weitergabe nordkoreanischer Passrohlinge sei nicht der Grund für die Razzia im Verfassungsschutz gewesen, sondern die Nicht-Löschung der Daten von Anwalt Gabriel Lansky, hieß es zuletzt aus dem Justizministerium. Doch was bisher niemand wusste: Die Staatsanwaltschaft Wien hat nach zwei Anzeigen von Lansky auch in dieser Causa ermittelt – und den Fall im November 2017 eingestellt.
Das geht aus dem achtseitigen Einvernahmeprotokoll des (später suspendierten) BVT-Direktors Peter Gridling vom 7. März hervor, das der KURIER einsehen konnte. Gridling wird darin vorgeworfen, es im September 2014 „mutwillig“ unterlassen zu haben, einen Untergebenen anzuweisen, dass Daten und Datenkopien, die angeblich aus der Lansky-Kanzlei stammen und mit der Causa Alijew zusammenhängen, gelöscht werden.
Dazu sagte der höchste Verfassungsschützer: „Das ist Unsinn. Es ist mir auch nicht erinnerlich, dass jemand zu mir gekommen wäre, und eine illegale Kopie gemeldet hätte.“
„Kein Tatverdacht“
Gridling legte der Oberstaatsanwältin der Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eine brisante Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft Wien vor. Darin wird Gridling bescheinigt, dass ein Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs eingestellt wurde.
Auslöser für die Ermittlungen waren ein Anlassbericht der Korruptionsbekämpfer (BAK) im Innenministerium (März 2015) und zwei Anzeigen durch Anwalt Lansky (August 2015, Februar 2016). Begründet wird die Verfahrenseinstellung lapidar damit, dass „ein Tatverdacht nicht zu erbringen war.“
Warum also wurde das längst eingestellte Verfahren wieder aufgenommen? Noch dazu von einer anderen Staatsanwaltschaft?
Dieser Einstellungsbeschluss bringt die heimische Justiz nochmals in Bedrängnis. Wurde doch ein KURIER-Bericht, dass Korruptionsstaatsanwaltschaft und Staatsanwaltschaft Wien – ohne voneinander zu wissen – parallel in der Causa BVT ermittelten, fälschlicherweise mit dem Argument abgetan, das würde nur die Weitergabe der nordkoreanischen Passrohlinge betreffen.
BVT-Direktor sagte aus
Gridling gab auch zu Protokoll, dass das BVT nach dem Datenschutz-Fall der Grünen-Abgeordneten Sigrid Maurer „peinlichst drauf geachtet hat, dass die Daten gesetzeskonform gelöscht werden“. Noch dazu, weil er und seine Behörde von der Volksanwaltschaft diesbezüglich einen heftigen Rüffel erhalten hatten. Darum habe er im März 2013 eine vierseitige Dienstanweisung zur Vernichtung von Akten und Daten an alle Abteilungen, Referate und speziell an die IT-Abteilung veranlasst. Das Schreiben legte er vor.
Außerdem ist brisant, dass Gridling jenen Mann belastet, der als einer der vier (Belastungs-)Zeugen gehandelt wird. Es handelt sich um einen früheren Abteilungsleiter, der aber nicht zu den Beschuldigten zählt.
„Er hätte eine derartige Löschung veranlassen müssen“, gab der BVT-Chef zu Protokoll. Dieser unterstand wiederum direkt dem BVT-Vizedirektor. „Daraus ist ersichtlich, dass ich mit der Bearbeitung dieser Causa im Grunde genommen nichts zu tun hatte und daher kein Aktenwissen habe“, sagt der gebürtige Osttiroler. Er räumte ein, dass die Anfertigung illegaler Datenkopien „ein unzulässiger Vorgang wäre“. Es sei im BVT aber grundsätzlich nicht möglich, USB-Sticks und Festplatten an die Computer anzuschließen, „da alle Eingänge abgedreht sind“. Daten-Kopien können nur von der IT-Abteilung durchgeführt werden. Sie müssen schriftlich genehmigt – auch vom damaligen Abteilungsleiter.
40.000 Gigabyte, aber was ist drauf?
Für politische Diskussionen sorgt der gestrige KURIER-Bericht, wonach bei den Razzien mindestens 40.000 Gigabyte an Daten sichergestellt wurden. Dabei sei auszuschließen, dass sich darauf Daten von deutschen Nachrichtendiensten befinden, sagte Justiz-Generalsekretär Christian Pilnacek. Jan Krainer, der SPÖ-Fraktionsführer im künftigen U-Ausschuss, hält das für unglaubwürdig: „Ausgedruckt wären das 100.000 Tonnen Papier. Woher will Pilnacek wissen, ob sich darunter Informationen aus Deutschland befinden?“