Politik/Inland

Doskozil: Ein Polizist wird Verteidigungsminister

Gäbe es eine Wahl zum Mann des Jahres 2015 – Hans Peter Doskozil hätte gute Chancen auf die Lorbeeren gehabt. Die Laudatio gibt es bereits. Doskozil habe durch sein „äußerst kompetentes, unaufgeregtes, besonnenes und zutiefst menschliches Handeln“ schwierigste Situationen gemeistert, lobte der Eisenstädter Bischof Ägidius Zsifkovics jüngst bei der Verleihung des höchsten diözesanen Ordens an Burgenlands ehemaligen Landespolizeidirektor. Zifkovics über den Krisenmanager: Doskozil sei ein „Fels in der Brandung“. Nun soll er sogar Verteidigungsminister werden.

Eine Woche im heißen Spätsommer hat gereicht, den 45-Jährigen auch international bekannt zu machen. Eine Woche allerdings, die Europa verändert hat.

Nachdem am 27. August 2015 in einem Schlepper-Lkw auf der Ostautobahn 71 tote Flüchtlinge entdeckt worden waren, stand der seit 2012 amtierende burgenländische Polizeichef unvermittelt im Scheinwerferlicht und wusste der Öffentlichkeit glaubhaft zu vermitteln, dass die Behörden für die rasche Aufklärung des Verbrechens sorgen würden. Ab dem 4. September setzte dann der Zustrom von Flüchtlingen ein, die via Nickelsdorf meist nur rasch nach Deutschland wollten – Kanzlerin Angela Merkel hatte nicht zuletzt angesichts der Toten im Lkw mit ihrem "Wir schaffen das" die Tore geöffnet. Doskozil bewahrte trotz des nie gesehenen Ansturms von rund 300.000 Flüchtlingen bis Mitte Oktober kühlen Kopf und sorgte für den weitgehend reibungslosen Weitertransport. Wie er das gemacht hat, wollten auch skandinavische Länder und Briten vom Ex-Polizeichef wissen.

Auch vor der Flüchtlingskrise zeichnete sich Doskozil, Vater zweier Kinder im Alter von 15 und 17 Jahren, durch seine Polizeiarbeit für das Burgenland aus. Unter seiner Führung sank die Anzahl der Delikte im Burgenland: 2012 entfielen nicht einmal zwei Prozent aller Strafdelikte in Österreich auf das östliche Bundesland.

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Der richtige Mann am richtigen Ort

Ob er sich nie überfordert gefühlt habe? „Nein“, antwortet Doskozil nach kaum wahrnehmbarer Nachdenkpause. Er scheue Herausforderungen nicht. In Extremsituationen müsse man „den Schalter umlegen“, sich aufs Wesentliche konzentrieren und wissen, was man sich zumuten wolle. Die Toten im Lkw habe er sich bewusst nicht angesehen, ein anderes Bild nimmt er öfter zur Hand: Es zeigt erschöpfte Menschen nach der Ankunft in Nickelsdorf – und mittendrin spielende Kinder. Dass Doskozil offenbar der richtige Mann am richtigen Ort war, hängt auch mit seiner Expertise als Fremdenrechtsexperte zusammen.

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Doskozil hat nämlich neben seinem Polizeidienst ein Jus-Studium absolviert und vor zehn Jahren im Innenministerium federführend am Fremdenpolizeigesetz mitgearbeitet. Also weiß er, wovon er spricht, wenn er Merkels „Wir schaffen das“ zu einem „Wie wir das schaffen“ umformuliert. Es brauche Asylverfahren nach europäischen Standards an der EU-Außengrenze; anerkannte Asylwerber müssten nach fixem Schema auf die EU-Staaten aufgeteilt werden. Und am wichtigsten sei, dass derjenige „umgehend in sein Heimatland zurückgeführt werden“ müsse, der keinen Anspruch auf Asyl habe. Diesen Drei-Punkte-Plan hat sich mittlerweile auch Österreichs Politik zu eigen gemacht.

(Artikel wurde aktualisiert am 13.1.2016 um 10.38 Uhr)