Politik/Inland

Bures: "Die ÖVP soll auf den demokratischen Boden zurückkehren"

Die zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) hat das Misstrauensvotum des Parlaments gegen die Regierung von Sebastian Kurz verteidigt. Eine Regierung, die nie auf freiheitliche Einzelfälle reagiert und ständig rote Linien überschritten habe, dürfe sich nicht über mangelndes Vertrauen der Opposition wundern, sagte Bures am Sonntag in der ORF-Pressestunde

Dem ehemaligen Kanzler warf die SPÖ-Politikerin fehlende Gesprächsbereitschaft vor. Es sei von Kurz „nicht klug“ gewesen, das Parlament zu ignorieren. Den von der ÖVP nach dem Misstrauensvotum lancierten Spruch „Das Parlament hat bestimmt, das Volk wird entscheiden“ wies Bures empört zurück: Es habe sich um eine demokratisch legitimierte Abstimmung des vom Souverän gedeckten Parlaments gehandelt. Die ÖVP solle „den Spruch zurücknehmen und auf den parlamentarischen und demokratischen Boden zurückkehren“, so Bures.

Angesichts des derzeit doch sehr angespannten Verhältnisses zwischen den Parteien zeigte sich die zweite Nationalratspräsidentin „zuversichtlich, dass nach der Wahl nicht jeder gegen jeden ist“. Befürchtungen seitens der ÖVP, dass nach der Wahl aufgrund der Differenzen ein Regieren unmöglich werden könnte, teilt sie nicht: „Vielleicht liegt es auch an Kurz, dass eine Zusammenarbeit nicht möglich ist.“

Menschliche Alternative

Im Wahlkampf werde die SPÖ jedenfalls „eine menschliche Alternative zum Inszenierungsmeister“ Kurz bieten. Dass die rote Spitzenkandidatin Pamela Rendi-Wagner heißen wird, steht für Bures außer Zweifel: „Alle stehen hinter der Spitzenkandidatin.“

Die Frage des Wahltermins – wie berichtet peilen SPÖ und FPÖ den 29. September an, die ÖVP will einen früheren Termin – hält Bures für eine „völlig überschätzte Frage“.

Bezüglich der Wahlkampffinanzierung fordert Bures eine deutliche Senkung der Grenzen für Parteispenden und höhere Strafen für Überschreitungen von Kostengrenzen: Diese müssten so teuer sein, dass sich die Parteien eine Überschreitung zweimal überlegen würden. 

Auch das generelle Rauchverbot in der Gastronomie soll der Nationalrat ihrer Ansicht nach beschließen. Ansonsten sollten bis zur Neuwahl nur noch Beschlüsse gefasst werden, "die budgetär gedeckt sind", sagte Bures.

Zuerst das Ressort, dann der Kommissar

Zur Frage, wer Österreich künftig in der EU-Kommission vertreten soll, erklärte die SPÖ-Politikerin, sie finde den „Vorgang eigenartig“: Zuerst müsse man wissen, welchen Aufgabenbereich der österreichische Kommissar bekomme, dann solle erst über Personen gesprochen werden. Bislang galt als ziemlich fix, dass die ehemalige ÖVP-Staatssekretärin Karoline Edtstadler Kommissarin wird.

Unbeantwortet ließ Bures die Frage, ob sie 2022 für das Amt der Bundespräsidentin kandidieren wird. Der 56-Jährigen werden entsprechende Ambitionen nachgesagt.

ÖVP fordert Entschuldigung

Empört reagierte die ÖVP auf die Aussagen Bures'. Diese seien "ihres Amtes unwürdig. Der ÖVP zu unterstellen, sie habe den demokratischen Boden verlassen, ist eine Entgleisung sondergleichen und verlangt nach einer Entschuldigung. Gerade sie hätte im Parlament die Aufgabe gehabt zu deeskalieren, anstatt die Rot-Blaue Parteitaktik zu unterstützen“, sagte ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer in einer Aussendung.

„Ob beim Misstrauensantrag gegen die gesamte Bundesregierung oder jetzt beim Wahltermin, es wird gegen den Willen der Bevölkerung agiert. Es bleibt abzuwarten, ob Bures sich bei der Findung eines Wahltermins konstruktiv einbringt. Ihre SPÖ-Fraktion sollte im Sinne des Wunsches des Bundespräsidenten handeln, nämlich möglichst rasch zu wählen. Wir wollen der Bevölkerung keinen langen Wahlkampf zumuten“, so Nehammer.