Jetzt kommt der Lager-Wahlkampf
Von Michael Bachner
Schon im Vorfeld des Hofburg-Wahlsonntags schien klar zu sein: Irmgard Griss dürfte in einer Stichwahl die besseren Karten gegen Norbert Hofer haben als ihr Konkurrent um Platz zwei, Alexander Van der Bellen. Diese in den vergangenen zehn Tagen öffentlich heftig diskutierte Frage stellt sich ab sofort nur noch theoretisch.
Faymann wählt VdB
Zu einer klaren Wahlempfehlung für Van der Bellen konnten sich weder SPÖ noch ÖVP durchringen. SPÖ-Kanzler Werner Faymann sagte, er werde in der Stichwahl Van der Bellen wählen, weil er "ein Mann des Ausgleichs" sei. Eine dezidierte Wahlempfehlung wollte er nicht aussprechen: "Die Wählerinnen und Wähler entscheiden selbst." "Unsere Wähler sind mündig genug", sagte auch ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner. Auch Irmgard Griss meinte, sie werde sich noch überlegen, ob sie eine Wahlempfehlung für den grünen Wirtschaftsprofessor abgegeben werde. Ebenso offen ließ sie die Frage nach ihrem weiteren politischen Engagement.
Experten sind sich einig: Van der Bellen hat es im Vergleich zu Griss schwerer gegen den FPÖ-Kandidaten Hofer. Hinter dem früheren Grünen-Chef dürften sich weniger Nicht-Blaue versammeln, als das bei der früheren OGH-Präsidentin der Fall gewesen wäre.
Faktor "Angst"
Offen ist, welche Dynamik sich bis zum 22. Mai entwickelt: War der erste Wahldurchgang eine Denkzettelwahl gegen die Bundesregierung, so könnten jetzt viele Wähler davor zurückschrecken, tatsächlich für den ersten blauen Bundespräsidenten zu stimmen. Hofer muss seine "Zwischenbestzeit" (Strache) erst in Ziel bringen.
Für Hofer helfen könnten jedoch zu penetrante Warnungen vor einem Rechtsruck und einem rechten Präsidenten – auch aus dem Ausland, glaubt Bachmayer. Solche "Gutmeinende" würden Hofer fast schon "Wahlhilfe" geben.
Für Van der Bellen selbst sind "die Karten neu gemischt". Er rechnet mit einem "intensiven Wahlkampf." Für Bachmayer trägt er ganz klar die "Last des Flüchtlings-Rucksacks", außerdem dürfte Hofer den Sockel von 36,4 Prozent an Stimmen in den zweiten Wahldurchgang mitnehmen können. "Hofer kommt aus der Position der Stärke und des Gewinners in die Stichwahl", sagt der Meinungsforscher.