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Facebook-Wahlkampf: Hofer "präsidentiell", Van der Bellen "Tiroler"

Es ist das erste Mal, dass ein Wahlkampf in Österreich derart intensiv im Internet geführt wurde. In den sozialen Netzwerken, insbesondere auf Facebook, richteten sich die Kandidaten direkt an die Wähler. Die Kommentare und Postings verstärkten der Eindruck der polarisierten Gesellschaft und des besonders schmutzigen Wahlkampfs. Experten sehen im Auftreten der Bewerber gezielte Strategien. (Analyse des letzten TV-Duells)

Hofer zeigt sich sehr "präsidentiell"

Für die Social-Media-Beraterin Judith Denkmayr verfolgt FPÖ-Kandidat Norbert Hofer einerseits die Strategie, an die FPÖ-Zielgruppe heranzukommen. Denkmayr: "Er kann die Fans und Friends of Fans von (FPÖ-Chef Heinz-Christian, Anm.) Strache mit Werbung und Inhalten targeten." Andererseits gebe es die inhaltliche Strategie, jene zu überzeugen, die nicht klar für den Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen sind. Aus Sicht Denkmayr hat sich Hofer immer sehr "präsidentiell" gezeigt. "Die angriffigen Postings und Inhalte der Kampagne liefen dagegen auf der Strache-Seite ab, um Hofer schadlos zu halten", so Denkmayr.

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Norbert Hofer kommuniziere auf Augenhöhe, wolle volksnah wirken, poste auch mal nicht ganz perfektes Fotos. "Seine Botschaft: 'ich bin einer wie du und ich'", erklärte Politikberater Thomas Hofer. Der FPÖ-Anwärter aber auch der Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen würden bewusst emotionalisieren, Van der Bellen etwa zuletzt mit dem Facebook-Video der Holocaust-Überlebenden Gertrude.

Van der Bellen zeigte seine "Tiroler" Seite

Für Denkmayr hat Van der Bellen auf Social Media vor allem kommuniziert, wer seine Unterstützer sind. Neben den Prominenten aus Kultur, Politik und Wirtschaft seien zuletzt auch weniger prominente Personen hinzugekommen, etwa Van der Bellens Ehefrau Doris Schmidauer. "Das Video war ein Signal an die Frauen +55", meint Denkmayr. Weiters habe Van der Bellen zunehmend seine "Tiroler" Seite präsentiert, "wohl um nicht der abgehobene Professor aus Wien zu sein". (Interview mit Historiker über das Establishment)

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Laut Berater Thomas Hofer geht es auf Facebook vor allem darum, die User auf der emotionalen Ebene zu erreichen. "Die Emotionalisierung bedeutet eine garantierte Mobilisierung", so Hofer, "und Facebook ist vom Prinzip her ein Mobilisierungsmedium". Der Politikberater zweifelt allerdings, ob der Wahlkampf tatsächlich schmutziger geworden ist. Die "asozialen Netzwerke" seien zwar ein "Brandbeschleuniger", allerdings würden Gespräche, die früher am Stammtisch geführt wurden, nun auf Facebook geführt und somit nur sichtbarer. Hätte die Waldheim-Kampagne nicht 1986 sondern 2016 stattgefunden, hätte das Ganze "noch viel mehr abgehoben", glaubt der Experte.

Ohne digitale Fanbasis begonnen

Thomas Hofer hält die Wahlkampf-Möglichkeiten, die Facebook Politikern bietet, allerdings auf Mobilisierung beschränkt, zumindest wenn man fast ausschließlich Sympathisanten anspricht. In den USA gehe man aber bereits ein Schritt weiter, indem man über Social Media versucht, auch Wähler des Kontrahenten zu adressieren, um diese zu demobilisieren. Etwa indem man Zweifel sät oder Widersprüchlichkeiten herausarbeitet.

Beide Kandidaten haben Anfang des Jahres de facto ohne digitale Fanbasis begonnen, auch wenn die FPÖ nach Ansicht von Thomas Hofer mehr Erfahrung im Umgang mit Facebook hat. FPÖ-Kandidat Hofer erzählte dieser Tage selbst am Rande einer Diskussionsveranstaltung, dass er mit 3.000 Facebook-Fans in den Wahlkampf gestartet ist - nun "gefällt" seine Seite über 304.000 Facebook-Nutzern. Bei Alexander Van der Bellens Seite drückten bisher 252.000 User den "Gefällt mir"-Button.

Hofer bei Interaktion leicht vorne

Das österreichische Start-Up Storyclash, dass sich auf die Analyse von sozialen Medien spezialisiert hat, hat die Facebook-Reaktionen zur Präsidentschaftswahl übrigens ausgewertet. Mit Blick auf den Zeitraum nach dem aufgehobenen zweiten Wahlgang, liegt Hofer bei den Interaktionen (Kommentare, Likes, Shares, etc.) knapp voran. Hofers 1.26 Millionen Interaktionen (50,7 Prozent) stehen Van der Bellens 1,22 Millionen Interaktionen (49,3 Prozent) im gleichen Zeitraum gegenüber.