Politik/Inland

Bürgerliche Torheiten bremsen die ÖVP

Es mag die ÖVP mit Genugtuung erfüllen, dass Monika Lindners Gastspiel bei Frank Stronach ebenso peinlich wie kurz war. Doch es hat – wie andere Ereignisse auch – der Volkspartei im Wahlkampf geschadet. Lindner ist ein gutes Beispiel für bürgerliche Illoyalität: Unter sozialdemokratischen Gesinnungsfreunden ist klar, dass man im (Wahl-)Fall den Genossen keinen Schaden zufügt, selbst wenn man das jeweilige Spitzenpersonal für inferior und sich selbst für einen glanzvollen Helden hält.

In der ÖVP hingegen ist es Tradition, die eigenen Chancen mit Haxelbeißerei und Profilierungssucht zu unterminieren. Wenn zum Beispiel Finanzministerin Maria Fekter eine Studie über Unternehmens-Absiedelungen vorstellt, die auf wahrscheinlich richtigen Beobachtungen, aber leider nicht auf Fakten beruht, dann ist das ein Problem. Zum Debakel wird es, wenn ihr Parteifreunde wie Reinhold Mitterlehner in den Rücken fallen. So gewinnt man keine Wahl. Allerdings auch nicht mit einem Landeshauptmann Erwin Pröll, der so knapp vor einer Bundes-Wahl der Einladung von Werner Faymann folgt und sich mit ihm öffentlichkeitswirksam in Grinzing trifft – von der Krone zum „Reblaus-Pakt“ hochstilisiert. Michael Spindelegger musste sich danach die Frage gefallen lassen, wer denn nun eigentlich Herr im ÖVP-Haus sei. In Wahrheit ist es Erwin Pröll wahrscheinlich egal, wer unter ihm ÖVP-Chef ist, könnte man in Abwandlung eines legendären Spruchs des Bayern Franz Josef Strauß sagen. (Wobei sich Strauß letztlich nicht durchsetzte und Helmut Kohl das Match mit seiner Sturheit gewann.) Das Büro Pröll kann mit solchen Überlegungen nichts anfangen: Der Landeshauptmann habe sich in den letzten Wochen auch u. a. mit Häupl, Spindelegger, Mikl-Leitner getroffen. Ihm gehe es einzig und allein um Niederösterreich. Ja, wahrscheinlich – dann war das PR-Desaster für Spindelegger halt aus niederösterreichischer Sicht nur ein kleiner Kollateralschaden.

Entspannte Aussichten für die SPÖ

Die ÖVP ist ins Wahljahr gut gestartet, verharrt nun aber in der Defensive. Bei der SPÖ ist es umgekehrt: 2013 begann für sie inferior, u. a. mit der verlorenen Heeres-Abstimmung und einem verlorenen Landeshauptmann. Dann wurde der schwächste Minister wieder das, was er am besten kann: Parteisekretär, der mit Pensions- und Steuerpopulismus auf Retro-Rezepte setzt. Die Ausgangslage für die SPÖ ist gemütlich: Dank Gerichtsverfahren gibt es genügend Anlässe, vor Schwarz-Blau zu warnen – während die Justiz nie wagen wird, Faymanns eigenes Verfahren (aus der Zeit als Verkehrsminister) in eine Anklage münden zu lassen. Die FPÖ ist seit dem Auftreten Stronachs zum Jausengegner mutiert. Die Krone kampagnisiert sowohl für Rot als auch Stronach – eine Koalition aus beiden wäre für sie inseratentechnisch wohl ein Traum. Stimmt schon: Vieles wird erst in den letzten Wochen entschieden. Aber aus jetziger Sicht kann Werner Faymann schon den Sekt – oder in diesem Falle jedenfalls den „gemischten Satz“ – einkühlen.