Politik/Inland

Budgetlöcher in den Parteikassen

2000 Schüler protestieren in Graz gegen die Zentralmatura.

9500 Studenten gehen in ganz Österreich gegen die Abschaffung des Wissenschaftsministeriums auf die Straße.

40.000 Beamte demon-strieren in Wien für höhere Gehälter.

Das ist die Begleitmusik zur ersten Amtswoche der neuen Bundesregierung.

Doch im neuen Jahr soll alles besser werden. Die Koalition nimmt einen neuen Anlauf, ihr Ansehen bei der Bevölkerung zu heben. Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger wollen das Jahr 2014 mit einer Regierungsklausur einläuten. Termin, Schauplatz und Setting sind noch nicht fixiert, beabsichtigt ist, dass die Klausur möglichst bald im Jänner und in der Nähe von Wien stattfindet. Ob eintägig oder zweitägig ist offen.

Klar ist die Agenda: Kennenlernen und Zusammenschweißen des neuen Teams; Festlegen der ersten Arbeitsschwerpunkte sowie das Budget 2014.

Der Tiroler Abgeordnete Karlheinz Töchterle stimmt mit Grünen und Neos. Vier steirische ÖVP-Abgeordnete schwänzen gezielt eine Abstimmung und kündigen an, dies „zur Wahrung steirischer Interessen“ zu wiederholen. Der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer behält sich vor, dass auch Salzburger Abgeordnete, „wenn sich die Konstellation ergibt“, aus dem Klubzwang ausscheren.

Wie wahrscheinlich ist es, dass die Regierung eine Abstimmungsniederlage im Nationalrat erleidet?

Szenario I: Im Nationalrat steht es 99 Regierungsabgeordnete zu 84 Oppositionsmandataren. Es müsste die stattliche Anzahl von sechzehn Abgeordneten schwänzen, damit Rot-Schwarz in die Minderheit gerät – und dies unter der Annahme, dass die Opposition vollzählig anwesend ist.

Szenario II: Wenn Regierungsabgeordnete mit der Opposition mitstimmen, genügen acht Überläufer, um ein Regierungsvorhaben zu Fall zu bringen.

Was wären die Folgen, wenn die Regierung eine Abstimmung verliert?

Im Arbeitsübereinkommen steht: „Die Zusammenarbeit zwischen SPÖ und ÖVP gilt als beendet, wenn gegen den Willen einer Koalitionspartei im Plenum oder in den Ausschüssen des Nationalrats mit Stimmen von Abgeordneten der anderen Koalitionspartei ein Beschluss gefasst wird. In dem Fall verpflichten sich die Koalitionsparteien, gemeinsam einen Neuwahlantrag zu beschließen.“

Die Klubobleute Andreas Schieder und Reinhold Lopatka werden von ihren Abgeordneten jedenfalls hohe Anwesenheitsdisziplin verlangen müssen, damit die Regierung nicht durch Abweichler ungewollt in Neuwahlen stolpert. Es war schon bisher üblich, dass Klubangestellte vor Abstimmungen im Hohen Haus ausschwärmen und die Mandatare in den Plenarsaal treiben.

In der täglichen Praxis hat die geschrumpfte Mehrheit die Auswirkung, dass einzelne Interessengruppen oder Bundesländer noch mehr Einfluss haben, weil der Bestand der Regierung von ihrem Gutwill abhängt.

Im letzten ÖVP-Vorstand gab es nicht nur Krach wegen des Regierungspersonals sondern auch wegen der Parteifinanzen. Die ÖVP ist schon wieder in Millionenhöhe verschuldet, obwohl sie mit 1. Juli 2012, pünktlich vor Inkrafttreten des Parteien-Transparenzgesetzes, völlig entschuldet war. Wilfried Haslauer frage im Vorstand den ÖVP-Finanzchef Johann Penz nach dem Kassastand. Penz soll geantwortet haben, dass die Schulden inklusive der einkalkulierten EU-Wahlkampfausgaben neun Millionen betragen werden. Parteichef Spindelegger korrigierte harsch, den neun Millionen stünden auch zu erwartende Einnahmen aus Förderungen gegenüber. KURIER-Recherchen ergaben, dass der ÖVP aus dem Nationalratswahlkampf knapp fünf Millionen Schulden bleiben. Der Kreditrahmen beträgt 7,5 Millionen. Da der EU-Wahlkampf rund fünf Millionen kosten wird, große Förderungen aber erst in der zweiten Jahreshälfte fließen, könnte es rund um die EU-Wahl zu einem „Liquiditätsengpass“ kommen.

Die ÖVP-Budgetvorschau sieht vor, die Schulden bis Ende 2015 abzutragen, um für den Bundespräsidentenwahlkampf 2016 wieder kreditfähig zu sein.

Auch die SPÖ hat ein Loch von mehreren Millionen in der Kassa; unter anderem, weil die Partei drei Millionen Wahlkampfausgaben des Klubs übernehmen musste. Finanziell kann die SPÖ bei der EU-Wahl nicht aus dem Vollen schöpfen, obwohl sie laut Umfragen einen Abwehrkampf gegen die FPÖ um den zweiten Platz führen muss.