Politik/Inland

Brief von Nehammer an Ludwig: Wien möge Kinder aus Traiskirchen aufnehmen

SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig ließ jüngst wissen, jedenfalls 100 Flüchtlingskinder aus Moria/Lesbos in Wien aufnehmen zu können. Ludwig ist mit seinem Angebot nicht allein. Eine Reihe von Bürgermeistern quer durch alle Parteien und Österreich hat öffentlich bekannt, unbegleitete Minderjährige von der Insel Lesbos aufnehmen zu wollen. Die ÖVP-geführte Bundesregierung ist dagegen.
 

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Kanzler Sebastian Kurz hält die Aufnahme für "Symbolpolitik" und will sich stattdessen verstärkt für eine Hilfe vor Ort einsetzen. Auf das Angebot von Wiens Bürgermeister reagiert nun der ÖVP-Innenminister mit einem Brief, wie die Kronenzeitung berichtet, der der Brief vorliegt.

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Im Brief schreibt Nehammer an Ludwig:

"Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Lieber Michael! Auch mich haben die Bilder und Informationen, die uns aus Griechenland erreichen, zutiefst betroffen gemacht. Als Innenminister der Republik Österreich ist es mir wichtig, dass den Menschen in Moria auf der Insel Lesbos geholfen wird."

Seit Mittwoch, so führt Nehammer im Brief weiter aus, sei er mit den griechischen Kollegen in Kontakt. Ziel müsse es sein, Hilfe vor Ort zu leisten und die "kriminellen Machenschaften, die aus dem Leid der Menschen Profit schlagen wollen, zu unterbinden". Dann führt Nehammer die ÖVP-Argumente gegen eine Aufnahme von unbegleiteten Minderjährigen aus - anhand von Asyl-Statistiken.

"Seit 2015 wurden in Österreich rund 200.000 Asylanträge gestellt. Unser Land hat alleine in diesem Zeitraum insgesamt rund 119.000 Menschen Schutz gewährt, davon rund 80.000 Frauen und Kindern." Da sich derzeit rund "170 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in der Bundesbetreuung befinden" könne Michael Ludwig sein Angebot  wahrmachen und 100 von dort in Wien aufnehmen, befindet der Innenminister in dem Brief. "Diesem Wunsch können wir gerne nachkommen, und 100 unbegleitete Minderjährige aus der Bundesbetreuung nach Wien in die Landesversorgung bringen. Abschließend danke ich mich für die zum Ausdruck gebrachte Hilfsbereitschaft und das Engagement im Hinblick auf den Umgang mit hilfs- und schutzbedürftigen Menschen" schließt der Innenminister den Brief mit Dein Karl Nehammer.

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Zu Wort meldet sich in der Debatte auch der Leiter des Corona-Krisenstabes. Generaldirektor Franz Ruf weist in seiner Funktion in einer schriftlichen Stellungnahme darauf hin, dass die Ressourcen in der Bundesbetreuung ob Corona "derzeit stark beansprucht sind". Er begründet dies ("Der Schutz vor Corona und die damit verbundenen Maßnahmen, wie Quarantänelager und gestaffelte Essensausgaben sind für die Betreuung in den Grossquartieren eine immense Herausforderung.") - und unterstützt damit das Ansinnen von Innenminister Karl Nehammer.

"1600 Menschen befinden sich derzeit in Bundesbetreuungseinrichtungen – alleine 700 davon im Lager Traiskirchen. In meiner Verantwortung für die Koordination der Corona-Schutzmaßnahmen, bin ich daher froh, dass sich Länder und Gemeinden wie Wien, Innsbruck und einige Orte in Vorarlberg gemeldet haben, um Asylwerber aufzunehmen." Ob die Gemeinden diesen Plänen etwas abgewinnen können, ist derzeit noch ungewiss.