Politik/Inland

Brandstetter: "Klage wird nicht notwendig sein"

Es sah nach einem neuerlichen Zerwürfnis zwischen Rot und Schwarz aus – zu Beginn der Polit-Herbstarbeit. ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Justizminister Wolfgang Brandstetter drohten am Mittwoch der EU-Kommission mit Klage – sollten die Flüchtlinge nicht "gerecht" in den Mitgliedstaaten untergebracht werden. Sie stützen sich auf ein Gutachten des Europarechtlers Walter Obwexer: Die jetzige "Lastenverteilung" widerspreche dem EU-Grundsatz der Solidarität.

In der SPÖ war man erstaunt. "Das hätte die ÖVP mit uns absprechen können", hieß es in roten Regierungskreisen. Und: Drohungen seien nicht das beste Mittel, um etwas zu erreichen. Auch das Kanzleramt legte ein Gutachten vor, erstellt vom hauseigenen Rechtsdienst. Der kommt zum Schluss: Die rechtlichen Grundsätze der Solidarität und fairen Aufteilung der Asylwerber seien nicht einklagbar. Zudem sei fraglich, ob Österreich durch eine "Untätigkeitsklage" vor dem Europäischen Gerichtshof Änderungen erwirken könnte; das Gericht dürfe der Kommission inhaltlich nichts vorgeben. Eine Klage sei „eine Illusion“, sagt Bundeskanzler Werner Faymann.

Nun relativiert Justizminister Brandstetter via KURIER: „Eine Klage wird nicht notwendig sein. Eine solche wäre ja nur möglich, wenn die Kommission in den kommenden zwei Monaten untätig bleibt. Das wird sie nicht. Sie bemüht sich jetzt schon.“ Und: „Wir wollen Kooperation, nicht Konfrontation.“ Und so werde es auch keinen Ministerratsvortrag mit einer Klagsdrohung geben: „Inhaltlich kann es nur die Aufforderung an die EU-Kommission sein, die Bemühungen für eine faire Verteilung der Flüchtlinge zu verstärken.“ Wir wollen klarmachen: „Brüssel, wir haben ein Problem!“ Als „letztes Mittel“ sei eine Klage gegen Brüssel aber „nicht auszuschließen“.

Juncker-Rede zu Flüchtlingen

Der Druck, solidarisch zu handeln, wird immer größer. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Kanzler Faymann fordern seit Langem mehr Solidarität unter den EU-Mitgliedern. Bei der Umsetzung ist die EU-Kommission aber auf die einzelnen Regierungen angewiesen. Deswegen wundert sich die Kommissionsspitze über Mikl-Leitners Drohung, wegen Untätigkeit zu klagen. EU-Diplomaten konstatieren einen "Zickzack-Kurs". Zuerst verlangte sie eine Quote; als die Kommission im Juni den Vorschlag machte, lehnte sie diese ab. "Was will Österreich?", fragt man sich in Brüssel.

Am 9. September wird Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker die Flüchtlingskrise zum Kernpunkt seiner "Rede zur Lage der Union" im EU-Parlament machen. Danach wird die Kommission erneut einen Plan für eine permanente Lösung zur Umverteilung von Flüchtlingen vorlegen. Es soll auch geklärt werden, was sichere Herkunftsländer sind – und wie Kanäle für legale Migration geöffnet werden könnten.