Politik/Inland

Berufsverband fordert kleinere Gruppen im Kindergarten

Wenn man Personalnot an den Kindergärten bekämpfen will, müssen die Gruppen kleiner werden, ist man beim Berufsverband der Kindergarten- und HortpädagogInnen (ÖDKH) überzeugt. "Wenn Kolleginnen am Abend sagen: Ich weiß gar nicht, ob ich mit jedem Kind richtig gesprochen habe, dann hat's was", so ÖDKH-Vorsitzende Raphaela Keller. Ideal wären Gruppen mit maximal 15 Kindern und zwei Pädagoginnen.

In ihrer Forderung bestätigt sieht sie sich in einer Online-Umfrage von Integral (1.000 Befragte, repräsentativ für Österreicher von 16 bis 69), die am Donnerstag anlässlich des zweiten Tags der Elementarbildung vor Journalisten präsentiert wurde. Mehr als 90 Prozent stimmen der Forderung nach Gruppen mit maximal 15 Kindern zu. Weitere Ergebnisse: 81 Prozent finden es sehr bzw. eher wichtig, dass im Kindergarten Bildungsvermittlung stattfindet, Sprachförderung finden mehr als 90 Prozent in diesem Zusammenhang (eher) unverzichtbar. Zwei Drittel der Befragten erwarten sich von guter Elementarpädagogik ein höheres Bildungsniveau, mehr als die Hälfte bessere Sozialkompetenz, Integration und Chancengleichheit.

Mehr Personal gefordert

Trotz der hohen Erwartungen der Bevölkerung und der Betonung des Kindergartens als erste Bildungseinrichtung gebe es von der Politik noch immer nicht die Ressourcen, um den Pädagoginnenmangel - 99,1 Prozent in diesem Feld sind Frauen - zu beheben. Gerade in jenen Einrichtungen, wo viele Kinder daheim nicht Deutsch sprechen, brauche es mehr Personal. Immerhin lernten Kinder Sprache in diesem Alter nicht strukturiert, sondern durch ständiges Üben in Alltagssituationen. "Dafür braucht es andere Rahmenbedingungen. Die fordern wir schon lange, aber leider hat sich nur wenig geändert."

Ausbildung uneinheitlich

Ebenfalls wenig getan hat sich bei einer anderen Forderung: Schon seit 1992 setzt sich der ÖDKH für eine akademische Ausbildung für alle Kindergartenpädagoginnen ein. In der Praxis werden sie immer noch entweder über berufsbildende höhere Schulen mit Maturaabschluss oder über Kollegs ausgebildet, dazu kommen teils sehr kurze Lehrgänge für Assistentinnen. Seit fünf Jahren können immerhin Praktikerinnen an der Fachhochschule Campus Wien ein Bachelorstudium Elementarpädagogik absolvieren, seit Herbst gibt es auch an zehn Pädagogischen Hochschulen (in allen Bundesländern außer Tirol und Vorarlberg) entsprechende Angebote.

Derzeit belegen über 300 Studentinnen (unter ihnen ist nur ein einziger Mann, fünf Prozent haben Migrationshintergrund) diese Studien, in einer Online-Befragung hat sich Bernhard Koch von der PH Steiermark mit den Motiven dieser Gruppe beschäftigt. Bei der Mehrheit steckt der Wunsch nach fundierter fachlicher Weiterbildung und Vertiefung sowie Aufstiegsmöglichkeiten dahinter, nur 60 Prozent erwarten sich mehr Gehalt. Geht es nach Koch, ist eine Anpassung der Gehälter von Kindergarten- und Hortpädagoginnen (bei langjähriger Berufserfahrung zwischen 2.500 und 3.000 Euro brutto) an jene von Lehrern "längst überfällig".

Unter den "Pedagocical Heroes", wie Koch sie wegen der Mehrfachbelastung von Familie und Vollzeitjob in Leitungsposition nennt, ist die Mehrheit mit der Qualität der Einrichtungen, ihrer Position und dem Betriebsklima zufrieden, weniger zufrieden sind sie mit den Aufstiegsmöglichkeiten. Allerdings arbeitet auch nur ein Drittel der Studentinnen in Kindergärten mit über 66 Prozent Kindern mit nicht-deutscher Muttersprache, hier fällt die Zufriedenheit im Job deutlich geringer aus. Geht es nach Koch, müsste mit Anreizen (finanziell, Ressourcen) dafür gesorgt werden, dass die Absolventinnen der Bachelor-Ausbildung an eben solche "Brennpunktkindergärten" wechseln, wo ihre Arbeit am meisten benötigt würde. Generell fordert er eine Bachelor-Absolventin in jedem Kindergarten. Wenn dieses Ziel innerhalb von fünf Jahren erreicht werden soll, bräuchte es allerdings drei Mal so viele Studienplätze wie derzeit.

Kindergartenpädagoginnen keine "Wunderwuzzis"

Neben kleineren Gruppen und einer Akademisierung der Ausbildung forderte Keller auch neue Berufsbilder. Immerhin könne niemand von 19 bis zur Pension dieselbe Arbeit tun. "Dann geht man direkt von der Pädiatrie in die Geriatrie." Sie fordert, die Pädagoginnen gezielt dort einzusetzen, wo sie ihre Stärken haben, denn: "Kindergartenpädagoginnen sind auch keine Wunderwuzzis, die alles abdecken können."

Tag der Elementarbildung

Was Elementarbildung alles kann und braucht, soll am zweiten Tag der Elementarbildung bei zahllosen Veranstaltungen und Aktionen im ganzen Land gezeigt werden. "Auftrag Bildung. Trägerinitiative Kinderbetreuung" forderte aus diesem Anlass per Aussendung österreichweit einheitliche Qualitätsstandards für Betreuungsschlüssel, Gruppengröße, Personalqualifikation, Öffnungszeiten und Raumbedarf pro Kind. Durch die Zuständigkeit der Länder gebe es derzeit einen "Fleckerlteppich". "Welche Bildungschancen einem offenstehen, gleicht damit einer Lotterie, die vom Wohnort abhängt." Die SPÖ forderte indes mehr personelle und finanzielle Ressourcen, die Liste JETZT eine Reduktion der Schließtage, die Industriellenvereinigung eine Bündelung der Kompetenzen im Bildungsministerium und einen Qualitätsrahmen für alle elementarpädagogischen Entwicklungen.