„Reguläre Adoption nur für Heterosexuelle“
Von Maria Kern
KURIER: Frau Minister, der EGMR hat festgestellt, dass Österreich homosexuelle Paare, die Stiefkinder adoptieren wollen, diskriminiert. Sie haben eine Gesetzesänderung angekündigt. Was planen Sie nun?
Beatrix Karl: Ich setze das EGMR-Urteil um. Das bedeutet, dass die Stiefkind-Adoption für Homosexuelle geöffnet wird. Gleichzeitig sage ich auch: Die reguläre Adoption bleibt heterosexuellen Ehepaaren vorbehalten.
Für Experten ist das Urteil richtungsweisend. Über kurz oder lang wird man homosexuellen Paaren ermöglichen müssen, fremde Kinder zu adoptieren.
Meines Erachtens ist die Unterscheidung zwischen einer Stiefkind-Adoption und einer regulären Adoption legitim.
Aber die Experten sagen, das Urteil deutet darauf hin, dass man die Adoption ermöglichen muss, andernfalls wird Österreich erneut verurteilt werden. Will man darauf warten?
Im aktuellen Fall sagt der EGMR ausdrücklich, dass eine Diskriminierung von homosexuellen Paaren nur gegenüber heterosexuellen Lebensgemeinschaften vorliegt, aber er sieht keine Diskriminierung von homosexuellen Paaren gegenüber Ehepaaren.
Sie wollen also abwarten, bis es zu weiteren Urteilen kommt.
Ich setze jetzt einmal das Urteil um. Was der EGMR in Zukunft entscheiden wird, kann ich nicht sagen. Ein Aspekt ist mir bei der Diskussion aber schon wichtig: Nämlich, dass es eine große Nachfrage bei Adoptionen gibt. Viele kinderlose Paare wollen ein Kind adoptieren. Und da sagen wir: Geben wir den verheirateten heterosexuellen Paaren den Vorrang!
Glauben Sie, dass es Kindern schadet, wenn sie bei homosexuellen Paaren aufwachsen?
Da gibt es unterschiedliche Studien dazu. Man hört von vielen Experten, dass es den Kindern nicht schadet. Es gibt auch gegenteilige Studien. Hier bin ich keine Expertin. Ich bin Juristin und betrachte die Dinge aus juristischer Perspektive.
Warum ist die ÖVP dagegen, dass homosexuelle Paare Kinder adoptieren dürfen? Glauben Sie, dass man damit die Wähler vergrämen würde?
Es geht nicht um Wähler-Vergrämen, sondern um eine Überzeugung. Sie müssen auch sehen, was die überwiegende Lebensform ist: Das ist die Ehe. Wir hatten 2011 fast 37.000 Eheschließungen, aber nur 400 eingetragene Partnerschaften. Deshalb ist für uns die Ehe das Modell, das wir in den Mittelpunkt unserer familienpolitischen Überlegungen stellen.
Aber es gibt jährlich rund 17.000 Scheidungen, viele Alleinerzieherinnen und Patchwork-Familien. Die Vater-Mutter-Kind-Familie ist doch nicht mehr die Regel.
Trotzdem kann man ein Idealbild haben. Das besteht für uns aus Vater, Mutter, Kind. Wir akzeptieren natürlich andere Lebensentwürfe, aber wir forcieren sie nicht.
Frauenministerin Heinisch-Hosek fordert, dass Homosexuelle heiraten dürfen. Ihre Meinung?
Wir haben die eingetragene Partnerschaft. Das Modell hat sich für homosexuelle Paare als sehr gut erwiesen. Und ich sehe nicht ein, wieso wir davon abgehen sollten.
Was spricht dagegen, dass auch Homosexuelle heiraten?
Die Ehe ist für uns das Idealbild. Wir wollen, dass die Ehe etwas Besonderes ist und etwas Besonderes bleibt.
Heinisch-Hosek verlangt weiters, dass auch heterosexuelle Paare statt der Ehe einen Partnerschaftsvertrag abschließen können sollen wie Homosexuelle. Sind Sie auch dafür?
Das ist absolut unnotwendig und schafft nur mehr Bürokratie. Wenn ein heterosexuelles Paar nicht heiraten will, aber gewisse Rechte und Pflichten vereinbaren will, kann es das auch jetzt schon tun. Dazu braucht es kein zusätzliches Instrument.
Eine Österreicherin wollte den Sohn ihrer Lebensgefährtin adoptieren. Österreichische Gerichte lehnten den Antrag ab. Das Paar fühlte sich diskriminiert, wandte sich daher an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg.
RichterspruchDer EGMR stellte fest: Österreich diskriminiert Homosexuelle, weil unverheiratete heterosexuelle Paare Stiefkinder adoptieren dürfen, Homo-Paare aber nicht. Namhafte Juristen sagen, in absehbarer Zeit wird man Homo-Paaren auch die Fremd- kind-Adoption ermöglichen müssen.