Badelt: „Bundespolitik hat kaum Interesse an Hochschulpolitik“
Von Bernhard Gaul
Christoph Badelt, der Rektor der Wiener Wirtschaftsuni, mahnt im KURIER-Gespräch die Regierung, Hochschulpolitik ernst zu nehmen.
KURIER: Was erwarten Sie von den Koalitionsverhandlungen in Sachen Universitäten? Es ist ja zuletzt still geworden ...
Christoph Badelt: Schon im Wahlkampf war das kein Thema. Dass wir jetzt nichts von den Verhandlungen hören, führe ich nicht darauf zurück, dass es um tolle Lösungen geht, sondern darauf, dass Unipolitik seitens der Spitzenpolitik derzeit keinen Stellenwert hat. Das ist eine fatale Situation, verschlimmert wird das nur durch die Diskussion, dass wir eh kein eigenes Ministerium für die Wissenschaft brauchen.
Warum fatal?
Weil Unis wichtig sind für die Zukunft eines Landes. Es geht um Zukunftsinvestitionen, die sich immer auszahlen. Unsere Wettbewerbsfähigkeit kann nur durch Investitionen ins Humankapital verbessert werden. Das hat die EU längst erkannt, deshalb haben wir ja das Ziel, zwei Prozent des BIP für den Hochschulsektor auszugeben. Von dem sind wir nach wie vor sehr weit weg.
Wäre das so schlimm, wenn die Wissenschaft im Wirtschaftsministerium eingegliedert wird?
Ich halte diese kolportierte Meldung für fatal. Natürlich arbeitet die Wirtschaftsuni eng mit der Wirtschaft zusammen. Aber die Wissenschaft muss unabhängig bleiben, und sich nicht der Wirtschaft unterordnen.
Aber es gab zumindest eine Debatte um die Medizin-Uni in Linz und eine Aufwertung der Donau-Uni in Krems.
Ja, so paradox ist das. Die Bundespolitik hat kaum Interesse an Hochschulpolitik, aber wenn sich ein Landeshauptmann für seine Uni stark macht, dann poppt das Thema auf und wird bis hinauf zum Bundeskanzler diskutiert. Sonst nicht. Ich würde mir so viel Interesse von der Bundespolitik wünschen, wie die Landeshauptleute haben, wenn es um ihre Interessen geht. Daher appelliere ich: Bitte nehmt Hochschulpolitik als Thema wahr.
Sie haben einen neu gebauten WU-Campus, Minister Töchterle hatte zuletzt eine Milliarde zusätzlich für die Unis aufgestellt – müssen wir diesmal nicht über Geld sprechen?
Von der Milliarde Euro hat die WU auch einen Teil bekommen. Wir haben das in eine bessere Betreuung der Studenten investiert. Das grundsätzliche Problem der WU bleibt aber ungelöst. Wir müssen derzeit – nur für den Bereich der Wirtschaftswissenschaften – 3700 Studenten aufnehmen, können aber für alle Bachelorprogramme nur 1850 ordentlich ausbilden. Also müssen wir durch Prüfungen in der Studieneingangsphase weiterhin ausselektieren. Wir bauchen eine echte kapazitätsorientierte Studienplatzfinanzierung. Das klingt trivial, wird aber von der Politik ignoriert.
Sie wären für Studiengebühren, die jede Uni autonom einhebt?
Persönlich fände ich das richtig, wenn der Staat einen Rahmen definiert. Etwa ein System, wo man je nach Inanspruchnahme von Kapazitäten bezahlt. Für einen Bachelor braucht man 180 ECTS-Punkte. Wenn sie Gebühren an die tatsächlich in Anspruch genommenen ECTS-Punkte koppeln, dann würde jemand, der langsamer studiert, auch weniger zahlen. Das würde automatisch die Teilzeitstudien ermöglichen.