Babler rudert zu EU-Aussagen zurück: "Semantische Spitzfindigkeiten"
Der SPÖ-Vorsitzkandidat und Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler verteidigt seine umstrittenen Aussagen über die EU: Seine Formulierung "mag überzogen sein", doch sollte man nun nicht "über semantische Spitzfindigkeiten" diskutieren, meinte er am Mittwoch. Für seine Aussagen in einem Video aus dem Jahr 2020 erntete Babler Kritik etwa von den NEOS. Wiens SPÖ-Chef Michael Ludwig forderte an der Spitze der Partei eine "klare Positionierung für einen proeuropäischen Weg".
Seine Aussage, wonach die EU das "aggressivste außenpolitische militärische Bündnis" sei, "das es jemals gegeben hat", nahm er in der schriftlichen Stellungnahme nicht zurück. Auf Anfrage des KURIER sagte Babler, er kenne das Zitat nicht und könne daher dazu nichts sagen.
Der Politologe und SPÖ-Kenner Anton Pelinka findet angesichts dessen umstrittener EU-Aussagen scharfe Worte gegen SPÖ-Vorsitzkandidaten Andreas Babler. "Es ist peinlich: So einer bewirbt sich um den Vorsitz in der SPÖ. Es ist darüber hinaus geschichtsvergessen, naiv, unpolitisch und kindisch", sagte Pelinka im APA-Gespräch. Er könne Babler nur im Sinne Bruno Kreiskys mitgeben: "Lernen Sie Geschichte, Herr Bürgermeister".
"Eine Blödheit"
"Er plappert da irgendwas dahin. Eine Blödheit", meinte der Politikwissenschafter zu dem nun aufgetauchten Video-Mitschnitt aus dem Jahr 2020, in dem Babler die EU unter anderem als das "aggressivste außenpolitische militärische Bündnis, das es je gegeben hat" bezeichnete. Damit breche der Traiskirchner Bürgermeister auch mit einer essenziellen sozialdemokratischen Position. "Die europäische Einigung war ein Projekt, das gemäßigte Linke, Sozialdemokraten, und gemäßigte Rechte, Christdemokraten, vor allem in Frankreich, aber zunehmend auch in der Bundesrepublik und den Beneluxländern betrieben haben. Das hat Babler offenbar nicht gewusst. Das ist ein Zeichen für diese Ahnungslosigkeit, die da offenbar gegeben ist", griff Pelinka den Vorsitzkandidaten scharf an. Es sei "peinlich", wenn jemand, der SPÖ-Chef werden will, offenbar nicht wisse, dass die Sozialdemokratie "an der Wiege der europäischen Einigung gestanden ist."
"Schlimmer als die NATO"
Babler nennt die EU in dem nun aufgetauchten Video-Mitschnitt aus dem Jahr 2020 etwa das "aggressivste außenpolitische militärische Bündnis, das es je gegeben hat". Die Union sei in der Doktrin "schlimmer als die NATO". Er finde die EU "überhaupt nicht leiwand", sagt Babler in dem Podcast des SPÖ-nahen PR-Beraters Rudolf Fußi. Er sei schon in der Bewegung "gegen dieses Konstrukt" aktiv gewesen. Babler sah ein "imperialistisches Projekt mit ein paar Sozialstandards". Für einen EU-Austritt warb der Bürgermeister freilich nicht.
"Formulierung mag überzogen sein"
"Wenige Tage vor dem Parteitag wird ein drei Jahre altes Interview von mir verbreitet", merkte Babler nun am Mittwoch in einer schriftlichen Stellungnahme an. "Die Formulierung mag überzogen sein, aber anstatt über semantische Spitzfindigkeiten zu diskutieren, sollten wir besser darüber sprechen, wie wir die EU sozialer und bürgernäher gestalten können", rechtfertigte sich der Kandidat für den roten Chefsessel. "Ich vermisse die Energie, die sich jetzt an meiner drei Jahre alten Aussage entlädt, wenn es darum geht, wie wir die EU sozialer machen können, die Orbanisierung der EU verhindern können und wie wir Festung Europa und Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen überwinden können."
"Scheitern der Flüchtlingspolitik"
Seine Kritik an der EU sei "immer stark von meiner Perspektive als Bürgermeister von Traiskirchen geprägt" gewesen, erklärte Babler. Er erlebe "das Scheitern der EU-Flüchtlingspolitik jeden Tag vor der Haustüre". An Europas Außengrenzen fänden schwere Menschenrechtsverletzungen statt. Auch darüber hinaus sei in der EU "nicht alles eitel Wonne", findet Babler. So hätten "die neoliberalen Sparprogramme der letzten Jahrzehnte (...) viel Schaden angerichtet". Arbeitslosigkeit und Armut hätten sich verschlimmert. "Als Sozialdemokrat muss ich Entwicklungen wie diese kritisieren."
"Ich stehe natürlich keinesfalls für einen EU-Austritt", betonte Babler. "Ich bin davon überzeugt, dass ein Austritt aus der Union uns keinesfalls mehr sozialen Handlungsspielraum bringt. Als Internationalist sehe ich außerdem keine Perspektive in einem Rückfall auf rein nationales Denken." Notwendig wäre aus seiner Sicht eine Reform der Europäischen Verträge. "Mit dieser Forderung befinde ich mich in guter Gesellschaft mit vielen sozialdemokratischen Regierungschefs."