Politik/Inland

Auf Kur – und dann gleich weitersaufen?

Glaubt denn irgendjemand im Ernst, dass Semesterferien etwas für Kinder – und Kuren etwas für Erholungsbedürftige sind? Im Grunde geht es doch in beiden Fällen darum, den heimischen Tourismus auch außerhalb der Saison und in Randlagen zu fördern, oder?

Es spricht für den Mut des Sozialversicherungs-Chefs, dass er "die Kur" wieder ihrer eigentlichen Bestimmung zuführen will: der Gesundheitserhaltung inklusive individueller Zielvereinbarungen mit Ärzten. (Was ganz oft trotzdem am mangelnden Kooperationswillen oder dem inneren Schweinehund der Patienten scheitern wird.) Man darf auch ruhig hinterfragen, ob überhaupt die Richtigen – also schwer Belastete – auf Kur gehen oder eher privilegierte Arbeitnehmer in geschützten Bereichen. Es ist problematisch, Leute auf Kuren zu schicken, nur weil es quasi ein Gewohnheitsrecht auf drei Wochen billigen Zusatzurlaub und damit Abwechslung zum faden Büro-Alltag gibt.

Der Gesundheitsbereich hat ja keine Millionen zu verschenken, ganz im Gegenteil. Spitalsärzte sind überlastet, und es fehlt an Pflege- sowie Reha-Einrichtungen, speziell für den explodierenden Bereich der psychischen Krankheiten. Wo sind die Burn-out-Kliniken?

Wenn wir tatsächlich – dem internationalen Trend nachhumpelnd – alle länger arbeiten (müssen), dann könnte auch die klassische Kur wieder wichtiger werden: als Impuls, gesünder zu leben. Wie WHO-Studien zeigen, sind wir nämlich Weltmeister im Saufen und Rauchen (sogar schon die Jugendlichen). Und beim Schweinsbratl-Verdrücken schlägt uns sicher auch so schnell keiner. Das geht heimlich sogar während der Kur.