Kaske warnt Kern vor zu viel Beratung: "Das ging immer schief"
Von Daniela Kittner
KURIER: Herr Präsident Kaske, wie sind Sie mit dem bisherigen Wahlkampf der SPÖ zufrieden?
Rudolf Kaske: Die Sozialdemokratie war in den letzten Jahren dafür verantwortlich, dass es den Menschen besser geht. Beispiel Steuereform – fünf Milliarden Steuersenkung war ja keine Kleinigkeit. Man könnte durchaus offensiv kommunizieren, dass es heuer statt eines Sommerlochs ein wirtschaftliches Sommerhoch gab. Die Arbeitnehmerinnen haben die Wirtschaft angekurbelt, weil ihnen mehr Geld für den Konsum blieb.
Was sagen Sie zum Tohuwabohu mit den Beratern? Einer geht, der andere wird gegangen...
Christian Kern ist Chef einer Partei, deren Mitglieder und Sympathisanten erwarten, dass die Partei soziale Gerechtigkeit in den Mittelpunkt stellt. Es geht um den Arbeitsmarkt, um Einkommen, um leistbares Wohnen, um sichere Pensionen. Gefragt sind Herz, Hirn und Gespür für die Lebenswelten der Menschen. Als Spitzenkandidat sollte man sich auf seine eigenen Stärken besinnen und sich auf seine Kernkompetenzen konzentrieren. Bei all jenen Spitzenkandidaten, die sich von Beratern in ein anderes Licht rücken ließen, sodass die Authentizität abhanden kam, ging es schief. Die Leute haben ein gutes Gespür dafür, wenn etwas aufgesetzt ist. Kern soll seine politische Leadership dem Polit-Entertainment gegenüber stellen, das die ÖVP derzeit betreibt. Bei der kauft man sich die Katze im Sack.
Die SPÖ-Gewerkschafter stellen in der Arbeiterkammer fast 60 Prozent der Mandate. Wird sich die AK auf Seiten der SPÖ in den Wahlkampf einbringen?
Wir als Arbeiterkammer werden im Wahlkampf alle Parteien auf Themen hinweisen, die für die Arbeitnehmerinnen wichtig sind. Eines sage ich auch: Wir werden uns stark einbringen in Diskussionen, wie sie die Industriellenvereinigung führt.
Meinen Sie jene Industrielle, die wegen des SPÖ-Slogans "Holen Sie sich, was Ihnen zusteht" am Wochenende vor Klassenkampf warnten?
Die und andere. Wenn Exponenten der Industriellenvereinigung vor Klassenkampf warnen, ist das wie einen Brand mit Benzin zu löschen. Klassenkampf wird von der Industriellenvereinigung, der Mittelstandsvereinigung und den Neos geführt. Sie wollen die Sozialpartnerschaft und mit ihr den sozialen Ausgleich abschaffen. Wenn der Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Kapsch, sagt: Wir haben nichts zu verteilen, dann sage ich im Namen von 3,6 Millionen Arbeitnehmerinnen: Wir haben nichts zu verschenken. Kapsch will den sozialen Ausgleich abschaffen, er will, dass von der guten Wirtschaftsleistung nur Wenige profitieren.
Neos bekämpfen die Pflichtmitgliedschaft. Ist die AK zu teuer?
Der Mitgliedsbeitrag macht im Schnitt 6,91 Euro netto im Monat aus, die Mitglieder beschweren sich nicht, sie wissen, was sie an der AK haben. Wer sich aufregt, das sind jene, die keine starke Arbeitnehmervertretung wollen, insbesondere die NEOS. Sepp Schellhorn hat verlangt, dass für die Beschäftigen von Start-ups die Kollektivverträge drei Jahre nicht gelten sollen. Die Neos selbst hängen am Tropf von Großindustriellen, die mit Hilfe der Neos das System der Zweiten Republik zerstören wollen. Man stelle sich vor, was wäre, wenn es keine Sozialpartner gibt. Wir haben 450 Kollektivvertragsverhandlungen im Jahr, die Arbeitnehmer profitieren davon durch Lohnerhöhungen. Im Vorjahr wurden mehr als 800 Gesetze und Verordnungen erlassen, zu denen die Arbeiterkammer angehört werden muss, weil sie eine gesetzliche Interessenvertretung für 3,6 Millionen Beschäftigte ist. Sozialer Ausgleich findet täglich statt, und zwar geräuschlos. Das zeigt, dass die Sozialpartnerschaft funktioniert.