Alarm-Botschaft für Diplomaten
Ein Aufstand im Außenministerium – das wäre ein ungewöhnlich rebellischer Akt. Noch ist es nicht so weit, die Diplomaten sind aber bereit, auf die Barrikaden zu steigen, sollte das Gesetz zur Indexierung der
Familienbeihilfe für Beamte des Außenministeriums nicht schleunigst zurückgenommen werden.
Der Grund für die Aufregung und die hitzige Debatte unter ansonsten zurückhaltenden Diplomaten ist der einstimmige Beschluss von Anfang Mai im Ministerrat, die Bundesabgabenordnung mit Ende dieses Jahres auslaufen zu lassen.
Was so bürokratisch klingt, hätte entsandte Bedienstete des Außenministeriums, aber auch Wirtschaftsdelegierte oder Entwicklungshelfer um die Familienbeihilfe in Drittstaaten (Länder außerhalb der EU) gebracht. Das Besondere daran ist, nach der Bundesabgabenordnung sind auch Schulgeldzahlungen, die Wohnungsbeihilfe, der Familienbonus oder ein Übersiedlungszuschuss an die Auszahlung der Familienbeihilfe gekoppelt sind.
Politisch hat Außenministerin
Karin Kneissl das Auslaufen der Bundesabgabenordnung mitgetragen, empören sich viele über die Chefdiplomatin. „Ignorant“ bezeichnet ein hoher Beamter das Verhalten der Ministerin. Seinen Namen will er nicht in der Zeitung lesen.
Empört reagieren auch die Gewerkschafter im Amt. Der Wegfall der Familienbeihilfe wäre das Ende der Mobilität, der Zusammenbruch des diplomatischen Dienstes, drohte Adalbert Bicserdy von der Fraktion Christlicher Gewerkschafter in der Kleinen Zeitung. Einbußen von 25.000 bis 50.000 Euro pro Jahr würden Bedienstete mit zwei Kindern jährlich verlieren, die fern der Heimat tätig sind.
Ein paar 100 Euro verkraftbar
„Der Pfusch“, wie Mitarbeiter des Außenministeriums wütend von sich geben, dürfte noch vor dem Sommer im Parlament repariert werden – mittels eines Abänderungsantrages im zuständigen Ausschuss. „Wichtig ist, dass es zu einer Lösung der Frage im Gesetzgebungsprozess kommt.
Es geht um die technische Umsetzung der Indexierung der Familienbeihilfe für Auslandsbeamte und die damit verbundenen Auswirkungen auf die geltenden Bestimmungen der
Bundesabgabenordnung“, erklärte der Sprecher des Außenministeriums, Thomas Schnöll.
Zur aufgebrachten Stimmung im Ministerium erklärt er zurückhaltend: „Es gibt natürlich Fragen der betroffenen Bediensteten bis zur vollständigen Klärung im Gesetzgebungsprozess.“
Was für österreichische Diplomaten aber auf jeden Fall gelten wird, ist die Indexierung der Familienbeihilfe in der EU. Das heißt, ein Botschaftsangehöriger oder Mitarbeiter der Wirtschaftskammer in
Rumänien, Kroatien oder Polen wird jene Familienbeihilfe bekommen, die im jeweiligen Land üblich ist.
„Das sind Einbußen von ein paar Hundert Euro im Jahr. Die sind verkraftbar“, erklärt ein Botschafter. Nur in wenigen Ländern, wie Dänemark oder Luxemburg, werden österreichische Beamte mehr Kinderbeihilfe beziehen, weil die Lebenshaltungskosten in diesen Ländern höher sind.
Wie es zu diesem wenig durchdachten Ministerratsbeschluss kam, darauf gab es gestern auf KURIER-Anfrage im Büro von Ministerin Karin Kneissl keine Antwort.