EU-Parlament will 12-Wochen-Anhaltehaft für Asylsuchende
Das EU-Parlament hat seine Verhandlungsposition für eine umfassende Reform der europäischen Asyl- und Migrationspolitik festgelegt. Der zuständige EU-Innenausschuss sprach sich am Dienstag unter anderem für schnellere Verfahren an den EU-Außengrenzen sowie für Solidarität unter den Mitgliedstaaten in Krisenzeiten aus.
Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, solle künftig bereits an den EU-Außengrenzen aufgrund des Herkunftslandes festgestellt werden, welche Chance auf Anerkennung ein Asylsuchender habe oder ob gefälscht Papiere vorgelegt worden seien. Jene mit gefälschten Papieren und/oder geringer Chance auf Asyl sollen dem EU-Innenausschuss nach an den EU-Außengrenzen für zwölf Wochen in Anhaltehaft genommen werden können, während ihr Anspruch ermittelt werden soll.
In dieser Zeit soll auch der Anspruch auch gerichtlich ermittelt werden. Sollte das Asylgesuch abgelehnt werden, sollen diese Menschen binnen weiterer drei Monate zurückgeführt werden. Für Familien mit Kindern unter zwölf Jahren und unbegleitete Kinder soll diese Regelung nicht gelten, so die Verhandlungsposition des EU-Parlaments.
Keine Verpflichtung
Obwohl einige Mitgliedstaaten darauf pochen, dass dieses Verfahren in den EU-Grenzstaaten verpflichtend werde, soll es den Staaten selbst überlassen bleiben, ob sie das Grenzverfahren anwenden. Ein Streitpunkt für die kommenden Verhandlungen mit den EU-Staaten.
Zweiter Punkt der Positionseinigung ist der Solidaritätsmechanismus. Dabei dürften die Abgeordneten des Innenausschusses dem Vorschlag der EU-Kommission aus dem Jahr 2020 gefolgt sein: Diese Verfahren sehe mehrere Stufen der flexiblen Hilfe für Grenzstaaten vor. Erst in einem letzten Schritt sollten EU-Staaten zur Aufnahme von Asylsuchenden gezwungen werden können. Länder wie Polen und Ungarn lehnen eine verbindliche Quote vehement ab.
Verhandlungsposition so gut wie fix
Die Positionen des Innenausschusses zu insgesamt vier Verordnungen müssen im April noch vom gesamten Parlament bestätigt werden – das gilt aufgrund der Mehrheiten im Parlament allerdings als sicher. Erst im Anschluss kann das Parlament mit den Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten beginnen.
In entscheidenden Punkten gibt es unter den EU-Staaten aber noch keine Position. Daher ist fraglich, ob es bis Ende Juni eine Einigung gibt, wie es intern vorgesehen sei. Nur dann könnten die Verhandlungen mit dem Parlament in der zweiten Jahreshälfte stattfinden. Damit die Verordnungen noch vor der Europawahl im Frühjahr 2024 Gesetz werden können, sollten die Verhandlungen bis Ende des Jahres abgeschlossen werden, berichtet die FAZ.
Grüne gegen Inhaftierung, FPÖ gegen Verteilung
"Die heute verabschiedeten Verordnungen würden das bestehende Dublin-System ersetzen und für schnelle, rechtssichere Verfahren sowie klare Verantwortlichkeiten sorgen. Die EU-Staaten an den Außengrenzen dürfen nicht länger alleine gelassen werden, es braucht eine solidarische Verteilung“, sagte die SPÖ-Europaabgeordnete Theresa Bielowski. "Klar ist, für uns steht das Recht auf Asyl nicht zur Debatte, das umfasst ein Bekenntnis zu fairen rechtsstaatlichen Verfahren, zur Einhaltung der Grundrechte an den Außengrenzen sowie zur Seenotrettung.“
Die grüne Delegationsleiterin Monika Vana erklärte, es sei erschreckend, dass der Migrationspakt die „Festung Europa“ nicht aufhalte. „Weder unterstützen wir die derzeitigen Tendenzen zu weit verbreiteter und längerer Inhaftierung an unseren Außengrenzen, noch die Ausnahmen von bestehenden Schutzmaßnahmen und Grundrechtsgarantien.“ Nötig wäre ein faires System mit geteilter Verantwortung und Solidarität, basierend auf Menschenrechten.
Der FPÖ-Delegationsleiter Harald Vilimsky kritisierte, es sei ein Fehler, weiterhin an einer Verteilung von ankommenden Migranten festzuhalten. Dies sei praktisch nicht durchführbar und würde nur das Signal setzen, dass die EU bereit sei, alle Kapazitäten zu nutzen, um noch mehr Migranten aufzunehmen, so Vilimsky. „Solange die EU ihre Außengrenzen für jeden offen hält, der es bis dorthin schafft, kann sich nichts an der Massenzuwanderung unter Missbrauch des Asylrechts ändern. Aus dem Asylrecht für Verfolgte ist in der EU längst ein Einreiserecht für jedermann geworden.“