Politik/Inland

100 Tage-Bilanz: Was Van der Bellens Vorgänger taten

Seit Franklin D. Roosevelt gelten die ersten 100 Tage im Amt als unausgesprochene Schonfrist für Politiker. Der in der Weltwirtschaftkrise gewählte US-Präsident bat einst, man möge bitte die Wirkung seines Reformprogramms ("New Deal") abwarten, ehe man ihn bewerte.

100 Tage? Nein, heute gibt es diese Schonfrist längst nicht mehr. Und genau das musste Bundespräsident Alexander Van der Bellen schmerzlich erfahren. Sein Kopftuchs-Sager sorgte für Aufruhr ("Wenn das so weitergeht (...) bei dieser tatsächlich um sich greifenden Islamophobie, wird noch der Tag kommen, wo wir alle Frauen bitten müssen, ein Kopftuch zu tragen, alle, als Solidarität gegenüber jenen, die es aus religiösen Gründen tun").

Noch schmerzlicher ist freilich, dass – abgesehen von seiner Rede vor dem EU-Parlament – wenig Ansagen oder Taten Van der Bellens für ein großes positives Echo sorgten.

Aber vielleicht soll man nicht zu hart mit dem 73-Jährigen ins Gericht gehen. Denn auch in den ersten 100 Tagen seiner Vorgänger gab es kaum aufregende Ereignisse. Heinz Fischer etwa tourte in seinen ersten Amtswochen durch die Bundesländer und spulte 24.000 Kilometer ab. Berührend fand er den ersten "Tag der offenen Tür" in der Hofburg, erzählte er bei seiner 100-Tage-Bilanz-Pressekonferenz im Oktober 2004. Politologen urteilten damals, Fischer habe einen guten Start hingelegt, aber keine großen Probleme zu bewältigen gehabt.

Klare Akzente setzte in den ersten drei Monaten seiner Amtszeit Fischers Vorgänger Thomas Klestil. Der Ex-Diplomat lud kurz nach seinem Amtsantritt ebenfalls zum "Tag der offenen Tür", forderte eine weitgehende Reform des Wahlrechts und der Neutralität und plädierte anlässlich eines Besuchs in einem Flüchtlingslager zur "Ehrlichkeit in der Flüchtlingspolitik". Vor dem Hintergrund des Balkan-Krieges sagte Klestil, dass "alle Flüchtlinge, die in Österreich Schutz und Aufnahme finden, akzeptiert und unter Aufbietung aller Möglichkeiten betreut werden müssten".