Halbherzige Proteste gegen Todesschüsse
Von Stefan Schocher
Es war einer der blutigsten Tage seit Beginn der Proteste in
Syrien: 142 Tote zählten Menschenrechtsgruppen am Sonntag im ganzen Land. Über 100 waren es alleine in der westsyrischen Stadt Hama, wo die Armee mit Panzern, Artillerie und Scharfschützen vorrückte. Am Montag gingen die Gemetzel weiter. Soldaten rückten in die Stadt Deir al-Zor ein. Mindestens 25 Menschen starben. Und am Montag begann auch der islamische Fastenmonat Ramadan, jener Monat, in dem die Opposition auf noch regeren Zulauf zu ihren Demonstrationen hofft. Er hat einen blutigen Anfang genommen.
Am Montag wollte sich der Weltsicherheitsrat im Rahmen einer Dringlichkeitssitzung mit Syrien beschäftigen. Aber während der Westen auf Sanktionen und eine klare Verurteilung der syrischen Vorgangsweise drängt, wurde erwartet, dass sich die beiden Vetomächte Russland und China querlegen würden. Russland hat massive geostrategische Interessen in Syrien. Bisher konnte sich die UNO gerade einmal zu einer Verurteilung von Angriffen auf ausländische Botschaften in Damaskus durchringen - mehr nicht.
Sanktionen
Und so hagelt es eben Kritik außerhalb des Rahmens der UNO. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton äußerte sich "schockiert" über das Vorgehen des syrischen Regimes. Die Ereignisse von Hama zeigten "die Leere der Reformversprechen der Regierung". Die Verantwortlichen für die Massaker müssten vor Gericht kommen, sagte sie.
Sicherheitskräfte hätten die Pflicht, die Bevölkerung zu beschützen und nicht, sie wahllos zu massakrieren. Die EU will die Sanktionen gegen Syrien in einem Beschluss am Dienstag weiter verschärfen.
Die Forderung nach einer schärferen Gangart gegen Syrien kommt auch aus Großbritannien und Deutschland. Die Dringlichkeitssitzung im UN-Sicherheitsrat war buchstäblich in den letzten Stunden der deutschen Präsidentschaft in dem UN-Gremium durchgesetzt worden.
Mit Unterstützung aus London. Der dortige Außenminister William Hague drängte auf eine Resolution, die "zusätzliche Sanktionen" und eine Freilassung aller politischen Gefangenen fordere. Ein Militäreinsatz wie in Libyen sei allerdings keine Option. Und auch US-Präsident Barack Obama meldete sich trotz der Turbulenzen im eigenen Land zu Wort: "Die Berichte aus Hama sind schrecklich und sie zeigen den wahren Charakter des syrischen Regimes." Er werde alles tun, um die Führung in Damaskus weiter zu isolieren.
Die verteidigt dagegen ihr Vorgehen als Reaktion auf eine Verschwörung, deren Ziel die Zerschlagung Syriens sei. In einem zum 66. Jahrestag der Gründung der Streitkräfte veröffentlichen Beitrag in der Armeezeitung schrieb Präsident Bashar al-Assad, Syrien sei durchaus in der Lage, solche Verschwörungen zu zerschlagen: "Verschwörungen machen uns stärker." Es handle sich um ein groß angelegtes Komplott, die gesamte Region zu zerschlagen. Syrien aber besitze "einzigartige Eigenschaften", die das Land "immun gegen Verschwörungen" machten.
Strafmaßnahmen: EU plant Verschärfung der Sanktionen gegen Syrien
Das
Massaker von
Hama hat die
EU dazu veranlasst, ihre Sanktionen gegen das Regime in
Damaskus zu verschärfen. Die Entscheidung stehe "unmittelbar bevor", sagte ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten
Catherine Ashton am Montag. Schon am Dienstag sollen neue Sanktionen beschlossen werden.
Zuletzt hatte
Brüssel die Maßnahmen gegen
Syrien am 24. Juni dieses Jahres verschärft. Seither gilt ein Einreiseverbot für 30 Personen aus dem Engsten Umfeld von Präsident Bashar al-Assad. Auch deren Vermögen in der
EU wurden eingefroren. Zudem gibt es eine Listen von vier Unternehmen, mit denen keine Geschäfte abgewickelt werden dürfen. Zudem gilt ein Waffenembargo und Embargo für solche Ausrüstungsgüter, die zur internen Unterdrückung gebraucht werden können.
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