Politik

Gutachterstreit um Elsners Krankheit

Der Herzchirurg Prof. Manfred Deutsch, der 5000 Operationen am offenen Herzen durchgeführt hat, nimmt sich kein Blatt vor den Mund: "Blamabel", sagt er, und "Flop". Der frühere Primarius im Krankenhaus Wien-Hietzing und nunmehrige Privatgutachter von Helmut Elsner meint damit das Gerichtsgutachten seines (AKH-)Kollegen Prof. Günter Steurer, das den herz- und lungenkranken Ex-Bawag-Chef erst jüngst wieder für "transport- und verhandlungsfähig" befunden hat.

Bei einer Pressekonferenz mit dem dramatischen Titel "Wie krank ist Helmut Elsner wirklich?" erhob Deutsch den Vorwurf, Richter Christian Böhm habe sich eine möglichst rasche Verhandlungsfähigkeit des säumigen Angeklagten und Zeugen in der Neuauflage des Bawag-Prozesses gewünscht und von Steurer auch prompt bekommen. Während der Gerichtssachverständige "aus sicherer Entfernung" (Deutsch) von rund 320 Kilometern (Elsner befindet sich zur Kur im bayrischen Bad Reichenhall, Anm.) "keine krankheitsbedingte Pflegebedürftigkeit" des 77-Jährigen sowie "keine akute Gefahr" attestierte, sieht Privatgutachter Deutsch einen "medizinischen GAU". Elsner wurden 1,5 Liter Wasser aus der Lunge gepumpt, damit könne man "nur aufrecht schlafen, kaum gehen und nicht lange sprechen".

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Elsners Verteidiger Andreas Stranzinger vermisst im Steurer-Gutachten eine persönliche Untersuchung. Deutsch muss allerdings nach Befragung eingestehen, dass auch er Elsner nur besucht, nicht untersucht, hat. Für den Herzchirurgen ist es abseits seines "knapp über der Grenze zum Sozialhilfebeitrag" liegenden Honorars eine Frage der "beruflichen Ehre", in das "Fehlgutachten" des Kollegen "hineinzufahren". Er habe diesem in Telefonaten quasi erst auf die Sprünge helfen müssen, was den Herz-Status des Patienten betrifft. Trotzdem bekundet Steurer, man könne Elsner "den Belastungen des Lebens normal aussetzen".

Elsners Ehefrau Ruth wirft Steurer vor, einen Herzanfall ihres Mannes im Gerichtssaal in Kauf zu nehmen. Auf Elsners Zigarren-Bestellung in einer Trafik in Bad Reichenhall angesprochen (der KURIER berichtete) , sagt sie: "Haben Sie noch nie Zigaretten für Ihre Großmutter oder irgendjemanden in der Trafik gekauft?" Ob sich Elsner die Zigarren für den Eigenbedarf habe liefern lassen, die Beantwortung dieser Frage überließ sie Deutsch: "Eine Zigarre in der Hand wäre bei Herrn Elsners Lungenbefund wie die Faust aufs Auge. Man wird also nicht annehmen, dass er sie selbst raucht."

Wobei sich Ruth Elsner darüber mokierte, über welche Dinge man sich Sorgen mache: "Im Prozess war es die Frage, wo unser Hund pinkeln geht". Viel wichtiger sei die Aufklärung, was Spekulant Wolfgang Flöttl mit den verlorenen Bawag-Milliarden wirklich gemacht habe.

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