Gewaltexplosion schürt Hass in Indiens Teestaat
Von Caecilia Smekal
"Das ist der völlige Wahnsinn. Die Leute sind von allen guten Geistern verlassen." Ein Polizist im indischen Bundesstaat Assam, der sonst berühmt ist für seine saftigen Teefelder, drückt fassungslos das Grauen aus, das sich seit Tagen in seiner Heimat abspielt. Eine beispiellose Welle der Aggression zwischen dem Volksstamm der Bodo und muslimischen Einwanderern, vorwiegend aus Bangladesch, schwappt über den nordwestlichen Bundesstaat.
In Assam ziehen aufgestachelte Gruppen mit Knüppeln und Speeren durch die Dörfer und zünden wahllos Häuser an, die teils nur aus Bambus bestehen. Hunderte Siedlungen sind abgebrannt, Schulen geschlossen, der Verkehr lahmgelegt. Das Resultat des Aufstands sind mehr als 40 Tote und bis zu 150.000 Vertriebene. Im Land des Tees herrschen Angst und Ausnahmezustand. Die Bundesregierung in Neu-Delhi kann sich nicht anders helfen, als die Armee zu schicken. Die Soldaten haben "Schießbefehl auf Sicht" – die Erlaubnis, ohne direkten Angriff das Feuer zu eröffnen.
Blut und Boden
Unmittelbarer Auslöser der Gewaltausbrüche war der brutale Mord an vier Jugendlichen des Bodo-Stamms vor rund einer Woche. Obwohl keine Beweise vorlagen, wurden schnell Muslime verantwortlich gemacht. Der indische Autor Samrat fragte in der New York Times: "Ist es möglich, dass eine gesamte Population spontan durchdreht?"
Die Situation hat sich jedoch schon in den vergangenen Monaten aufgeschaukelt. Seither entfaltete sich eine fatale Kettenreaktion mit immer neuen, gegenseitigen Racheakten. Die Wurzeln des Konflikts, der sich nun gleich einem Druckkessel entlädt, liegen aber Jahrzehnte zurück. Die Bodos kämpfen seit 25 Jahren für ihr eigenes Land, das sich über halb Assam erstrecken soll. In den immigrierten bengalischen Muslimen sehen sie Konkurrenten im Kampf um Boden und Ressourcen. Dieser Streit endete immer wieder in blutigen Konflikten. Nun wird befürchtet, dass sich die Gewalt auf Nachbarstaaten ausdehnt. – Caecilia Smekal
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