Politik

Dramatischer Zerfall der Parteienlandschaft

In Österreich zeichnet sich ein dramatischer Zerfall der Parteienlandschaft ab. Wenn das, was derzeit Meinungsforscher erheben, das Ergebnis des Super-Wahljahres 2013 sein sollte, schlittert das Land an den Rand der Unregierbarkeit. Und zwar auf allen Ebenen: Von der Europa-Politik im Nationalrat über die Bundesregierung bis hin in die Landtage Kärntens und Tirols.

Die demoskopische Wahrheit ist: SPÖ und ÖVP liegen derzeit nur mehr bei rund 45 Prozent (25 SPÖ, 20 ÖVP), und die beiden haben nicht einmal mehr wahlarithmetisch (also abzüglich jener Parteien, die nicht ins Parlament kommen, wie KPÖ und BZÖ) eine Mandatsmehrheit im Nationalrat. Sie müssten eine dritte Partei in die Regierung nehmen. Aber wen? Den unberechenbaren Frank Stronach? Die SPÖ im Boot mit HC Strache? Die ÖVP als Steigbügelhalter für Rot-Grün? Da würde es wohl sogar dem erfahrenen Bundespräsidenten Heinz Fischer schwer fallen, einen Koalitions-Kompromiss zu finden.

Weg ist zurzeit auch die pro-europäische Zweidrittelmehrheit. SPÖ, ÖVP und Grüne bringen gemeinsam keine 60 Prozent der Stimmen zusammen, während die Zurück-zum-Schilling-Partie – Stronach & Strache – an die 33-Prozent-Grenze heranwächst. Zwar frisst das "Team Stronach" der FPÖ beinahe die gesamten demoskopischen Zugewinne weg (die FPÖ liegt in Meinungsumfragen nur mehr knapp über ihrem letzten Wahlergebnis bei 18 %), aber Stronach hat – als Ausdruck einer Aversion gegen die traditionellen Parteien – ein Hoch von 13 % erreicht.

Heikle europäische Beschlüsse erfordern im Nationalrat eine Zweidrittelmehrheit – wie zuletzt der Rettungsschirm ESM. Derzeit können SPÖ und ÖVP mit Hilfe der Grünen die Hürde nehmen. Fällt die rot-schwarz-grüne Zweidrittelmehrheit, werden die anti-europäischen Populisten wohl vor jedem EU-Beschluss eine Volksabstimmung fordern, und das in einer Krise, für deren Überwindung eine politische Union zu beschließen ist. Österreich gilt derzeit in der EU als verlässliches Partnerland – damit wäre es dann wohl vorbei, mit entsprechendem politischen und ökonomischen Schaden.

Kärnten: Bis zu sechs Parteien im Landtag

Ein Zerfall der Parteienlandschaft zeichnet sich auch in den Ländern ab.

In Kärnten ist mit sechs Parteien im Landtag zu rechnen: SPÖ, FPK, ÖVP, Grüne, BZÖ und Stronach. In Tirol zeichnen sich bis zu vier schwarze Listen ab, hinzu kommen SPÖ, Grüne, FPÖ und Stronach. Bei solchen Verhältnissen kann man um den Landeshauptmann – der vom Landtag mit Mehrheit zu wählen ist – nur mehr würfeln. In Kärnten rechnen sich Peter Kaiser (SPÖ) und Wolfgang Waldner (ÖVP) Chancen auf den Landeshauptmann-Posten aus. Doch trotz der dramatischen Einbrüche, die sich nach der beispiellosen Skandalwelle für die Kärntner Freiheitlichen (FPK) abzeichnen, werden SPÖ und ÖVP gemeinsam die Landtagsmehrheit verfehlen. Nicht einmal gemeinsam mit den Grünen ist sie sicher. Gut möglich, dass in Kärnten die Blauen, der von der SPÖ zu Stronach gewechselte Gerhard Köfer und BZÖ-Chef Josef Bucher zusammen mehr auf die Waage bringen. Bucher lächelt in Kärnten – wo voraussichtlich am 3. März gewählt wird – bereits von jeder Litfaß-Säule, Meinungsforscher gehen von seinem Einzug in den Landtag aus.

Mit ziemlicher Sicherheit wird Stronach auch in Niederösterreich antreten, und zwar mit der Tochter der verstorbenen Innenministerin Liese Prokop, Karin Prokop als Spitzenkandidatin. Der Name Prokop hat in Niederösterreich einen guten Klang. Gelingt ihr der Einzug in den Landtag, könnte das Landeshauptmann Erwin Pröll die derzeit noch sichere absolute Mehrheit kosten.